Wohnformen für ältere Menschen

Der Eindruck, dass alle Menschen im Alter pflegebedürftig werden und im Altenheim leben, ist unzutreffend. Alte und pflegebedürftige Menschen leben überall. Krankheit und Pflegebedürftigkeit können im Leben früh, später oder gar nicht eintreten, und nur etwa 7 % der über 65-Jährigen leben aus diesen Gründen in besonderen Wohnformen, davon ca. 4 % im Altenpflegeheim und ca. 2 % im sogenannten betreuten Wohnen. Die große Mehrheit der über 65-Jährigen lebt hingegen in der eigenen, normalen Wohnung.

Haus Rafael im Kölner Stadtteil Ensen beinhaltet insgesamt 10 Mietwohnungen und 3 stationäre Hausgemeinschaften für je 8 Bewohnermit Demenz. Im Erdgeschoss liegen 2 Hausgemeinschaften mit Gartenzugang, im ersten Obergeschoss eine weitere Hausgemeinschaft und 5 Mietwohnungen. (Quelle Fotos: WiA Aachen)
Haus Rafael im Kölner Stadtteil Ensen beinhaltet insgesamt 10 Mietwohnungen und 3 stationäre Hausgemeinschaften für je 8 Bewohner mit Demenz. Im Erdgeschoss liegen 2 Hausgemeinschaften mit Gartenzugang, im ersten Obergeschoss eine weitere Hausgemeinschaft und 5 Mietwohnungen. (Quelle Fotos: WiA Aachen)

 

Wohnen in der eigenen Häuslichkeit

Die Kommunen verzeichnen in den letzten Jahren einen steigenden Bedarf an barrierefreien, großzügigen Miet- und Eigentumswohnungen in innerstädtischen Lagen für ältere Menschen, die ihre Einfamilienhäuser nach der Familienphase oder mit Eintritt ins Rentenalter verkaufen und sich aktiv für eine neue individuelle Wohnform in guter städtischer Infrastruktur entscheiden. Darüber hinaus sind Ein- und Zweizimmerwohnungen für den hohen Anteil an Klein- und Singlehaushalten alter Menschen gefragt.

Buch Bauen für ältere Menschen

 

 

 

 

Auch für gemeinschaftliche Wohnprojekte entsteht eine zunehmende Nachfrage nach umnutzbaren Immobilien oder geeigneten Grundstücken in guten Wohnlagen. Großwohnungen für selbst organisierte Wohngemeinschaften mit Pflege- und Betreuungsbedarf sind ein weiteres neueres Segment im Wohnungsbau.

All diese Wohnformen fallen unter die Definition des Wohnens in der eigenen Häuslichkeit, die einen auf Dauer angelegten Haushalt mit freiwilliger und selbstbestimmter Eigengestaltung der Haushalts- und Lebensführung in einer Mietwohnung oder im Wohneigentum beinhaltet. Sie grenzen sich damit deutlich von pflegedominierten Wohnformen ab, in denen Haushaltsführung und Versorgungsstruktur fremd- bzw. betreiberbestimmt sind.

Planungsrechtlich unterliegen diese Wohnformen den Landesbauordnungen der Bundesländer, stehen also außerhalb der Heimgesetzgebung, solange nicht die jeweiligen Kriterien eines Sonderbaus angewendet werden. Das Wohnen in eigener Häuslichkeit lässt sich nach dem Grad der Gemeinschaftsorientierung differenzieren in

  • individuelles Wohnen,
  • gemeinschaftliche Wohnformen und
  • selbstbestimmte Wohngemeinschaften

In allen 3 Modellen ist für jeden einzelnen Bewohner ein Leben mit oder ohne ambulante Pflege- und Betreuungsleistungen möglich.

Individuelles Wohnen im Alter

Eine deutliche Mehrheit von ca. 93 % der über 65-Jährigen lebt als Mieter oder Eigentümer, überwiegend zu zweit oder allein, in einer individuellen Wohneinheit. Für viele Menschen ist dies auch im Alter noch ihre langjährige normale Wohnung oder das eigene Haus, für andere eine neue Wohnsituation nach einem Standortwechsel oder in einer betreuten Wohnanlage. Der Wunsch nach einem möglichst langen Leben in den eigenen 4 Wänden, der in vielen unterschiedlichen Umfragen zur präferierten Wohnform unter alten Menschen an erster Stelle steht, lässt sich zwar nicht immer verwirklichen, aber die Chancen hierauf verbessern sich.

Alte Menschen leben länger als früher in mehr oder weniger barrierefreien Wohnungen und Wohneigentum, weil sie an ihrer bisherigen Wohnform festhalten wollen, dort inzwischen auch bei Pflegebedarf ambulante Pflegedienste nach persönlichen Erfordernissen in Anspruch nehmen und dadurch einen Umzug ins Heim hinauszögern oder vermeiden können. Geförderte Wohnungsanpassungsmaßnahmen und Hilfsmittel können zudem im Bestand viele bauliche Barrieren reduzieren. Oft werden bauliche Nachteile und mangelnde Barrierefreiheit lange hingenommen, wenn soziale Bindungen und das Wohnumfeld als intakt und angenehm empfunden werden.

Autorin: Gudrun Kaiser