Zum 1. Dezember 2020 ist die Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) in Kraft getreten. Das WEG von 1951 wurde damit in wesentlichen Teilen modernisiert und erleichtert jetzt auch barrierefreie Umbaumaßnahmen. Bis dato war das Thema Barrierefreiheit im WEG nur ansatzweise geregelt. Mit der Novellierung werden die Rechte von Menschen mit Behinderungen gestärkt, die Durchsetzung baulicher Maßnahmen erleichtert und die Kostenverteilung neu geregelt.
Anspruch auf barrierefreien Umbau als sogenannte „privilegierte Maßnahmen“
Im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) heißt es jetzt dazu:
§ 20 Bauliche Veränderungen (Auszug WEG)
(1) Maßnahmen, die über die ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen
(bauliche Veränderungen), können beschlossen oder einem Wohnungseigentümer durch Beschluss gestattet werden.
(2) Jeder Wohnungseigentümer kann angemessene bauliche Veränderungen verlangen, die
1. dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen,
[..]
dienen. Über die Durchführung ist im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu beschließen.
Jede*r Wohnungseigentümer*in erhält damit im Grundsatz einen Anspruch darauf, dass ihr bzw. ihm auf eigene Kosten der barrierefreie Aus- und Umbau gestattet wird. Die Beschlussfassung über bauliche Veränderungen wird vereinfacht, insbesondere für Maßnahmen, die die Wohnanlage in einen zeitgemäßen Zustand versetzen. Hinzu kommt, dass einzelne Mitglieder einer Eigentümergemeinschaft nicht mehr gegen bauliche Veränderungen vor Gericht Einspruch erheben können. Dies kann nur noch die Gemeinschaft als Ganzes.
Beispiel Rollstuhltrampe – Kostenverteilung neu geregelt
Zusätzlich fällt auch die anteilige Kostenverteilung bei barrierefreien Umbaumaßnahmen weg. Stattdessen kann und muss derjenige, der die Maßnahme fordert und braucht, die Kosten alleine tragen. Inwiefern dies von Vorteil sein kann, erfahren Sie in folgendem Praxisfall eines Münchener Rollstuhlnutzers, der seit Jahren mit seinen Miteigentümern über eine Rampe streitet:
Kampf um barrierefreien Zugang zur Wohnung – München – SZ.de (sueddeutsche.de)
§ 21 Nutzungen und Kosten bei baulichen Veränderungen (Auszug WEG)
(1) Die Kosten einer baulichen Veränderung, die einem Wohnungseigentümer gestattet oder die auf sein Verlangen nach § 20 Absatz 2 durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchgeführt wurde, hat dieser Wohnungseigentümer zu tragen. Nur ihm gebühren die Nutzungen.
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Privilegierte Maßnahmen
Sogenannte „privilegierte Maßnahmen“ (Barrierefreiheit, E-Mobilität, Einbruchschutz und Telekommunikation) können nach neuem WEG also von einem einzelnen Wohnungseigentümer durchgesetzt werden. Die entsprechenden Kosten müssen dann aber auch von ihm getragen werden.
Zukünftig müssen also Kosten für bauliche Veränderungen nicht mehr zwingend von allen Eigentümern getragen werden.