
Die Möglichkeit, sich im Verkehrsraum zu bewegen, ist für behinderte Menschen unabdingbare Voraussetzung für ein eigenständiges Leben und Bedingung, um ohne fremde Hilfe zur Arbeit, zum Einkaufen oder zum Arzt zu kommen. Die Nutzung des Freiraums außerhalb der Verkehrswege bedeutet Teilnahme am öffentlichen Leben. Sich auf öffentlichen Plätzen, in Anlagen oder der Natur bewegen oder aufhalten zu können, ist wesentlicher Bestandteil einer selbstbestimmten Lebensführung.
Niemand darf vom Zugang sowie der Nutzung dieses Raumes ausgeschlossen sein. Da der Freiraum also allen Menschen zugänglich sein muss, kommt dem Planer dieses Raumes die Aufgabe und die Verpflichtung zu, die Bedürfnisse aller Nutzergruppen zu berücksichtigen.
Fußgängerzonen
Fußgängerzonen sind in der Regel Einkaufszonen. Auch wenn es keinen oder nur einen beschränkten Verkehrsraum gibt, sind auch hier Zusammenstöße mit Fahrrädern und gegebenenfalls Straßenbahnen möglich. Die vielen Geschäftsauslagen bilden oftmals Hindernisse, die zusammen mit dem dichten Fußgängerverkehr leicht zu Irritationen und Orientierungsproblemen, insbesondere für blinde und sehbehinderte Passanten, führen.

Fußgängerzonen haben meist eine lineare Struktur, was die Orientierung erleichtert. Aber auch hier ist eine aufgeräumte Ordnung wichtig. Zumindest muss für die Passanten mit Rollstuhl oder Rollator ebenso wie für die blinden und sehbehinderten Personen zwischen den vielen Bänken, Vitrinen, Fahrrädern, Gemüseständen oder der Bestuhlung der Außengastronomie eine durchgehende Passage freigehalten werden. Diese Passage sollte auch für blinde Menschen erkennbar, d. h. mit dem Langstock ertastbar sein. Die inneren Leitlinien entlang der Bebauung sind dagegen hier in der Regel nicht zu nutzen.
Wenn sich Wege in Fußgängerzonen verknüpfen, muss dies auch für Blinde und Sehbehinderte erkennbar sein. Da die klassische Straßenkreuzung mit Bordsteinquerungen fehlt, muss ein Abzweig auf andere Weise kenntlich gemacht werden.
Als Leitstrukturen kommen zunächst natürliche Leitlinien in Frage. Das können optisch und taktil deutliche Belagsgrenzen sein oder Muldenrinnen, die aber auch optisch erkennbar sein müssen, z. B. durch einen Begleitstreifen. Muldenrinnen dürfen aber nur sehr flach ausgebildet werden, nicht tiefer als ein Dreißigstel ihrer Breite (vgl. DIN 18040-3, Punkt 4.4), damit sie nicht für andere Fußgänger zum Hindernis werden.
Erlebnis- und Aufenthaltszonen im Verkehrsraum
Viele Straßenmöbel benötigen eine besondere Form, damit sie von behinderten Menschen genutzt werden können: Briefkästen, Telefonzellen oder Tische müssen anfahrbar, in ihrer Höhe erreichbar oder unterfahrbar sein. Sitzgruppen müssen Platz für Rollstühle lassen, und zwar so, dass ein Begleiter bequem daneben Platz nehmen kann. Es sollten auch Sitzmöglichkeiten mit Armlehne vorhanden sein, um gebrechlichen Menschen das Hinsetzen und Aufstehen zu erleichtern. Für Kleinwüchsige können auch niedrige Sitzhöhen angeboten werden (vgl. DIN 18040-3, Punkt 6.1–3).
Autoren: Bernhard Kohaupt und Johannes Kohaupt