Bereits zum vierten Mal fand die Fachtagung „bfb barrierefrei bauen“ statt – erstmals an zwei Standorten in Köln und in Regensburg. Insgesamt kamen über 300 Teilnehmer, um sich über aktuelle Themen, Trends und Konzepte zum barrierefreien, demografiefesten Bauen zu informieren und sich mit Kollegen und Fachexperten auszutauschen. In der begleitenden Fachschau präsentierten zahlreiche Hersteller ihre Produkte und Lösungen „zum Anfassen“. Die Fachtagung hat sich damit als regelmäßiger Branchentreff im Kalender von Architekten, Planern und Herstellern etabliert.
Vorträge und Themen im Überblick
Flickenteppich Deutschland – Wie viel Barrierefreiheit darf es wo sein?

Obwohl die DIN 18040 in allen 16 Bundesländern bauaufsichtlich eingeführt ist, gibt es viele länderspezifische Ausnahmen und Besonderheiten. So kann es sein, dass in Baden-Württemberg, Berlin und Thüringen barrierefreie Treppen in öffentlichen Gebäuden jeweils unterschiedlich ausgeführt sein müssen. In ihrem Eröffnungsvortrag verhalf Nadine Metlitzky zu einem deutschlandweiten Überblick über die Sonderregelungen und brachte Ordnung in den Dschungel der variierenden Bauordnungen, technischen Baubestimmungen und untergesetzlichen Regelungen.
„Höchst informativ, vielseitig, sensibel machend, lohnend …“ – Ludger Wilkes, Ralf Schmitz GmbH |
Barrierefreie Türen – Anforderungen, Praxiserfahrungen, Planungsempfehlungen

Türen sind entscheidend für eine barrierefreie Zugänglichkeit von Gebäuden. Entsprechend komplex und teils widersprüchlich sind die Anforderungen. Schwellen, Brandschutz, Automation und Bewegungsflächen sind nur Bruchteile der einfließenden Faktoren, die beachtet werden müssen. Günther Weizenhöfer erklärte die Vorgaben und gab Hilfestellungen für die Auswahl der richtigen Türkonstruktion je nach Kontext und Gebäudeart. In Erinnerung bleibt auch sein Tipp „Prosa statt Technik“. Gemeint ist, eine konkrete, schrittweise Beschreibung der Abläufe an der Tür. Eine solche Beschreibung ist für alle verständlich und erleichert die spätere Türplanung enorm.
Bauen & Wohnen für ältere Menschen – Projekte und Erfahrungen aus Neubau und Bestand

Dass ältere Menschen so lange wie möglich in ihren eigenen vier Wänden bleiben möchten, dürfte jedem bekannt. Wie sich dies jedoch auch realisieren lässt, steht auf einem anderen Blatt. Auch die DIN 18040 kann dabei nicht immer helfen. Im Gegenteil, häufig stehen die Maßnahmen der DIN 18040 den Anforderungen des Alters entgegen. Beispielsweise helfen taktile Informationen Demenzerkrankten in der Regel nicht, sondern sorgen eher für Verwirrung. Gudrun Kaiser und Markus Donhauser schärften in ihren Vorträgen den Blick auf Barrierefreiheit aus der Perspektive älterer, pflegebedürftiger Menschen. Dabei halfen zahlreiche Beispiele, die als Anregung für eigene Projekte verwendet werden können.
„Bei dieser Tagung wird das gesamte Spektrum der Barrierefreiheit beleuchet. Ein muss für jene, die mit diesem Thema beruflich zu tun haben.“ – David Schulze, Roto Frank |
Barrierefrei-Konzept im Bestand – Von der Defizitanalyse zur bedarfsgerechten Lösung

Um die komplexen Themen der Barrierefreiheit in der Planungs- und Genehmigungsphase darstellen und prüfen zu können, werden immer häufiger Barrierfrei-Konzepte notwendig. In Berlin, Hessen und NRW ist diese konzeptionelle Ausarbeitung für Sonderbauten bereits verpflichtend. Gerade beim Bauen im Bestand ist ein Barrierefrei-Konzept besonders hilfreich und gewinnt zunehmend an Bedeutung. Wie man anhand einer individuellen Defizitanalyse ein bedarfsgerechtes Konzpet für Bestandsgebäude entwickelt, erläuterte Nadine Metlitzky in ihrem Vortag anhand praktischer Beispiele.
Typische Fehler vermeiden – Beispiele und Streitfälle aus der Praxis

Unter dem Motto „aus Fehlern klug“ referierte Michael Müller über die häufigsten praktischen und theoretischen Irrtümer. Die vorderen Ränge in der Kategorie größtes Fehlerpotential belegen Treppen, WC-Anlagen und Glasmarkierungen. Insbesondere die „Treppe des Grauens“, aber auch besonders gestaltete, aber leider unbrauchbare Glasmarkierungen sorgten für viel Gelächter. Denn so manche Lösung ist zwar gut gemeint, aber in der Praxis wenig hilfreich oder schlicht am Bedarf vorbei. Anhand zahlreicher Beispiele sensibilisierte Michael Müller für typische Missverständnisse, und Fehlerquellen, um teure Fehlplanungen und Streitfälle zukünftig vermeiden zu können.
„Sehr empfehlenswert! Wissen super kompetent und kompakt präsentiert!“ -Thomas Grützner, Stadt Erlangen |
Was bringt Europa? Neue DIN EN 17210 + Konsequenzen für Deutschland

Mit DIN EN 17210 liegt der europäischen Normentwurf zur Barrierefreiheit vor. Auf über 200 Seiten werden Ziele und Mindestanforderungen beschrieben, jedoch ohne konkrete Zahlen bzw. Maße zu nennen. Trotzdem ist sicher, dass die deutsche Normenreihe DIN 18040 überarbeitet werden muss. Wie diese Änderungen ganz konkret aussehen werden, ist auch für unsere Experten noch nicht vorhersagbar. Dennoch lieferte das Gespräch interessante Einblicke hinter die Kulissen des europäischen Normungsprozesses, zum aktuellen Stand der Diskussionen und zur möglichen Umsetzung. Sicher ist, dass – wenn die endgültige Fassung der DIN EN 17210 vorliegt – diese innerhalb von 36 Monaten in nationales Recht überführt werden muss. Diese entgültige Fassung wird 2020 erwartet. Die Überführung der Europäischen Regeln in deutsches Baurecht mit 16 Bauordnungen, Technischen Baubestimmungen und zahlreichen länderspezifischen Ausnahmen und Besonderheiten wird eine Herausforderung. Wir bleiben dran und halten Sie weiter auf dem Laufenden.
Brandschutz & Barrierefreiheit – Evakuierungskonzepte und Rettungswege für alle

Die Zugänglichkeit von Gebäuden ist beim barrierefreien Bauen immer Thema. Wie Barrierefreiheit und Selbstrettung in Notsituationen aussieht, bleibt jedoch häufig unbedacht. Dabei besteht bei Menschen mit Einschränkungen ein deutlich erhöhtes Sterberisiko im Brandfall. Auf diese Problematik ging Dirk Aschenbrenner in seinem Vortrag ein und zeigte, welche Lösungsansätze für Fremd- und Selbstrettung bestehen. Er verband dies mit der Forderung, der steigenden Zahl von mobilitätseingeschränkten Personen mehr Aufmerksamkeit zu schenken und intensiver an innovativen Lösungen für die Rettungsproblematik zu arbeiten.
Positives Teilnehmerecho – Innovative Lösungen
Im Rahmen der Tagungen in Köln und Regensburg trafen sich über 300 Architekten, Planer und Experten für Barrierefreies Bauen, Behördenvertreter und Verbände, Behindertenbeauftragte sowie Entscheider aus der Wohn-, Pflege- und Immobilienwirtschaft. Gelobt wurden die informativen Fachvorträge, die verschiedene Blickwinkel und neue Impulse zum Thema boten, die positive Atmosphäre sowie die Möglichkeiten zum intensiven Austausch und Networking in den Pausen. An den Ständen der Aussteller wurden Innovationen und Produkte für das barrierefreie Bauen gezeigt: Von Lösungen rund um Türen und bodengleiche Schwellen, für Bad und WC im privaten oder öffentlichen Raum, bis hin zu verschiedensten Kommunikations-, Informationssystemen und Leitsystemen sowie Ideen für modulares Bauen.
„Hier treffe ich meine Fachkundschaft!“ – Hering Sanitärkonzept „Die Qualität der Besucher ist hochkarätig und passend“ – Athmer OHG |
Die 4. Fachtagung wurde unterstützt von:
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