NEU: Umfassende Angaben zur Barrierefreiheit im Bauantrag gefordert.
Seit dem 1. September 2022 gilt in Schleswig-Holstein eine neue Landesbauordnung. Auch wenn sich auf den ersten Blick nicht viel geändert hat, gibt es doch wesentliche Neuerungen. Denn die neue Bauvorlagenverordnung verlangt detaillierte Angaben zur Barrierefreiheit in den Bauzeichnungen. Der Begriff „Barrierefrei-Konzept“ wird – vermutlich bewusst – vermieden, aber im Kern geht es doch genau darum. Die Bauzeichnungen müssen „Angaben zur Umsetzung der Barrierefreiheit“ innerhalb der Gebäude enthalten; in den Lageplänen muss die Barrierefreiheit auf dem Grundstück ablesbar sein, also barrierefreie Zugänge, barrierefrei erreichbare und nutzbare Flächen außerhalb des Gebäudes sowie die barrierefreien Stellplätze dargestellt werden. Das gilt explizit auch bei Nutzungsänderungen.
Schleswig-Holstein zieht nach …

NRW, Berlin, Brandenburg, Bremen und Hessen fordern bereits seit längerem vergleichbare Angaben und sogenannte Barrierefrei-Konzepte. Auch in Schleswig-Holstein wird – wie in den anderen Bundesländern auch – Form und Darstellungsart dieser Nachweise aber nicht konkret vorgegeben, was die Umsetzung für allen Beteiligten erschwert. Zudem unterscheidet sich die Komplexität der erforderlichen Barrierefrei-Maßnahmen je nach Bauaufgabe, Gebäudeart und Nutzung erheblich voneinander.
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Bauvorlagenverordnung Schleswig-Holstein (BauVorlVO)
Neuerungen zur Barrierefreiheit ab 1. September 2022 in grün.
§ 1 Begriff, Beschaffenheit, Verfahren
(1) Bauvorlagen sind die einzureichenden Unterlagen, die für die Beurteilung des Bauvorhabens und die Bearbeitung des Bauantrags […] erforderlich sind. […]§ 3 Bauliche Anlagen
Bei baulichen Anlagen sind vorzulegen […]
1. ein Auszug aus der Liegenschaftskarte und der Lageplan (§ 7),
2. die Bauzeichnungen (§ 8),
3. die Bau- und Betriebsbeschreibung (§ 9), […]
8. Angaben zur Umsetzung der Barrierefreiheit.§ 7 Auszug aus der Liegenschaftskarte, Lageplan
(3) Der Lageplan muss […] insbesondere enthalten […]
18. die Darstellung
a) der barrierefreien Zugänge,
b) der Anzahl, Lage und Größe der barrierefrei erreichbaren und nutzbaren Flächen außerhalb
des Gebäudes,
c) der Anzahl, Lage und Größe der bei der Errichtung und Nutzungsänderung erforderlichen
barrierefreien Stellplätze.§ 8 Bauzeichnungen
(1) Für die Bauzeichnungen ist ein Maßstab von mindestens 1:100, bei Kulturdenkmalen ein Maßstab von mindestens 1:50, zu verwenden. Ein größerer Maßstab ist zu wählen, wenn er zur Darstellung der erforderlichen Eintragung notwendig ist; […]
(2) In den Bauzeichnungen sind insbesondere darzustellen
1. die Grundrisse aller Geschosse mit Angabe der vorgesehenen Nutzung der Räume und mit Einzeichnung der a) Treppen,
b) lichten Öffnungsmaße der Türen sowie deren Art und Anordnung an und in Rettungswegen, […]
e) Aufzugsschächte, Aufzüge und der nutzbaren Grundflächen der Fahrkörbe von Personenaufzügen, […]
h) Anforderungen zur Barrierefreiheit;
Die wichtigsten Änderungen im Überblick – Synopse der Landesbauordnung LBO Schleswig Holstein 2009 und 2022
Ab 1. September gilt in Schleswig-Holstein eine komplett neue Landesbauordnung. Das entsprechende Gesetz zur Harmonisierung bauordnungsrechtlicher Vorschriften wurde im Dezember 2021 veröffentlicht. Die Neuigkeiten im Überblick:
- Aufzüge + barrierefreie Wohnungen: In Gebäuden mit mehr als 2 Wohnungen müssen die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei erreichbar sein. Werden diese Wohnungen über mehrere Obergeschosse verteilt, müssen sie mit einem Aufzug erschlossen werden, unabhängig von der Gebäudeklasse/Höhe. Aufzüge müssen von der öffentlichen Verkehrsfläche und von allen Wohnungen aus barrierefrei erreichbar sein. Ausnahmen sind nur unter besonderen Schwierigkeiten im Kellergeschoss, Erdgeschoss und Dachgeschoss möglich.
- Abstellräume für Wohnungen müssen stufenlos zugänglich sein. Diese Forderung erstetzt die bisherige Formulierung „leicht erreichbar“.
- Für Abweichungen und Ausnahmen beim barrierefreien Bauen (§ 50) wird genau definiert, was als unverhältnismäßiger Aufwand zählt: schwieriges Gelände, neu: Einbau eines sonst nicht notwendigen Aufzugs, ungünstige vorhandene Bebauung oder Beeinträchtigung der Sicherheit von Menschen mit Behinderungen.
Die folgende Synopse stellt die Änderungen in Sachen Barrierefreiheit tabellarisch gegenüber. Die überarbeiteten Passagen der LBO SH von 2009 sind in der linken Spalte in rot dargestellt, die Neuerungen von 2022 sind in der rechten Spalte grün gekennzeichnet dargestellt.
Landesbauordnung
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Landesbauordnung
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§ 2 Begriffe(2) Barrierefrei sind bauliche Anlagen, soweit sie für Menschen mit Behinderung in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind. |
§ 2 Begriffe(10) Barrierefrei sind bauliche Anlagen, soweit sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind. |
§ 51 Sonderbauten |
§ 51 Sonderbauten |
(2) Sonderbauten sind Anlagen und Räume besonderer Art oder Nutzung, die einen der nachfolgenden Tatbestände erfüllen: […] 11. Tageseinrichtungen für Kinder, Menschen mit Behinderung und alte Menschen, sonstige Einrichtungen zur Unterbringung oder Pflege von Personen, |
(4) Sonderbauten sind Anlagen und Räume besonderer Art oder Nutzung, die einen der nachfolgenden Tatbestände erfüllen: […] 9. Gebäude mit Nutzungseinheiten zum Zwecke der Pflege oder Betreuung von Personen mit |
§ 3 Allgemeine Anforderungen (1) Bei der Planung, Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung baulicher Anlagen und der Gestaltung von Grundstücken ist auf den Schutz der natürlichen Grundlagen des Lebens sowie auf die besonderen Belange von Familien mit Kindern, von alten Menschen sowie Menschen mit Behinderung durch den Grundsatz barrierefreien Bauens Rücksicht zu nehmen. |
§ 3 Allgemeine Anforderungen |
§ 9 Sicherheit und Überschaubarkeit der WegführungDie Fuß- und Radwege auf den Grundstücken zwischen öffentlicher Verkehrsfläche, Gemeinschaftsanlagen und Eingängen von Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen müssen überschaubar und barrierefrei gestaltet und beleuchtet sein. |
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§ 40 Aufzüge |
§ 39 Aufzüge |
[…] (5) Fahrkörbe zur Aufnahme einer Krankentrage müssen eine nutzbare Grundfläche von mindestens 1,10 m x 2,10 m, zur Aufnahme eines Rollstuhls von mindestens 1,10 m x 1,40 m haben; Türen müssen eine lichte Durchgangsbreite von mindestens 0,90 m haben. In einem Aufzug für Rollstühle und Krankentragen darf der für Rollstühle nicht erforderliche Teil der Fahrkorbgrundfläche durch eine verschließbare Tür abgesperrt werden. Vor den Aufzügen muss eine ausreichende Bewegungsfläche vorhanden sein. |
[…] (4) Gebäude mit einer Höhe nach § 2 Absatz 3 Satz 2 von mehr als 13 m müssen Aufzüge in ausreichender Zahl haben; dies gilt nicht, soweit bei bestehenden Gebäuden zusätzlicher Wohnraum durch Änderung des Dachgeschosses oder durch Errichtung zusätzlicher Geschosse geschaffen wird. Von diesen Aufzügen muss mindestens ein Aufzug Kinderwagen, Rollstühle, Krankentragen und Lasten aufnehmen können und Haltestellen in allen Geschossen haben Dieser Aufzug muss von der öffentlichen Verkehrsfläche und von allen Wohnungen in dem Gebäude aus barrierefrei erreichbar sein. Haltestellen im obersten Geschoss, im Erdgeschoss und in den Kellergeschossen sind nicht erforderlich, wenn sie nur unter besonderen Schwierigkeiten hergestellt werden können. (5) Fahrkörbe zur Aufnahme einer Krankentrage müssen eine nutzbare Grundfläche von mindestens 1,10 m x 2,10 m, zur Aufnahme eines Rollstuhls von mindestens 1,10 m x 1,40 m haben; Türen müssen eine lichte Durchgangsbreite von mindestens 0,90 m haben. In einem Aufzug für Rollstühle und Kranken- tragen darf der für Rollstühle nicht erforderliche Teil der Fahrkorbgrundfläche durch eine verschließbare Tür abgesperrt werden. Vor den Aufzügen muss eine ausreichende Bewegungsfläche vorhanden sein. |
§ 49 Wohnungen |
§ 48 Wohnungen |
[…] |
[…] (2) Jede Wohnung bis zu 50 m² nutzbarer Grundfläche muss über Abstellraum von mindestens 3,50 m², jede Wohnung mit mehr als 50 m² nutzbarer Grundfläche über Abstellraum von mindestens 6 m² verfügen. In Wohngebäuden der Gebäudeklassen 3 bis 5 sind stufenlos zugängliche Abstellräume für Kinderwagen, Fahrräder sowie abgetrennt auch für Rollstühle und Mobilitätshilfen herzustellen. |
§ 50 Stellplätze und Garagen, Abstellanlagen für Fahrräder |
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(10) Neu errichtete Stellplätze und Garagen sollen von den zugeordneten Gebäuden aus barrierefrei erreichbar sein. Stellplätze für Wohnungen und bauliche Anlagen nach § 52 müssen in ausreichender Anzahl barrierefrei sein. |
[red. Anmerkung: Jetzt als Muss-Vorschrift in § 50 geregelt]
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§ 52 Barrierefreies Bauen |
§ 50 Barrierefreies Bauen |
(1) In Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen müssen die Wohnungen mindestens eines Geschosses barrierefrei erreichbar sein; diese Verpflichtung kann auch durch eine entsprechende Zahl barrierefrei erreichbarer Wohnungen in mehreren Geschossen erfüllt werden. In diesen Wohnungen müssen die Wohn- und Schlafräume, eine Toilette, ein Bad, die Küche oder die Kochnische sowie die zu diesen Räumen führenden Flure barrierefrei, insbesondere mit dem Rollstuhl zugänglich, sein. § 40 Absatz 4 gilt entsprechend. Bei Wohnungen nach Satz 1 sind die Anforderungen nach § 49 Absatz 2 barrierefrei zu erfüllen. (2) Bauliche Anlagen, die öffentlich zugänglich sind, müssen in den dem allgemeinen Besucher- und Benutzerverkehr dienenden Teilen barrierefrei sein. Dies gilt insbesondere für Für die der zweckentsprechenden Nutzung dienenden Räume und Anlagen genügt es, wenn sie in dem erforderlichen Umfang barrierefrei sind. Toilettenräume und notwendige Stellplätze für Besucherinnen oder Besucher und Benutzerinnen oder Benutzer müssen in der erforderlichen Anzahl barrierefrei sein. (3) Für (4) Abweichungen von Absatz 1 können zugelassen werden, soweit wegen schwieriger Geländeverhältnisse, ungünstiger vorhandener Bebauung oder im Hinblick auf die Sicherheit der Menschen mit Behinderung oder alter Menschen die Anforderungen nur mit einem unverhältnismäßigen Mehraufwand erfüllt werden können. |
(1) In Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen müssen die Wohnungen mindestens eines Geschosses barrierefrei erreichbar sein; diese Verpflichtung kann auch durch eine entsprechende Zahl barrierefrei erreichbarer Wohnungen in mehreren Geschossen erfüllt werden. In diesen Wohnungen müssen die Wohn- und Schlafräume, eine Toilette, ein Bad, die Küche oder die Kochnische sowie die zu diesen Räumen führenden Flure barrierefrei, insbesondere mit dem Rollstuhl zugänglich, sein. § 39 Absatz 4 gilt unabhängig von der Gebäudehöhe entsprechend. Bei Wohnungen nach Satz 1 sind die Anforderungen nach § 48 Absatz 2 [red. Anmerkung: Abstellräume] barrierefrei zu erfüllen. Stellplätze für Wohnungen müssen in ausreichender Anzahl barrierefrei sein und von den zugeordneten Gebäuden aus barrierefrei erreichbar sein. (2) Bauliche Anlagen, die öffentlich zugänglich sind, müssen in den dem allgemeinen Besucher- und Benutzerverkehr dienenden Teilen barrierefrei sein. Dies gilt insbesondere für 1. Einrichtungen der Kultur und des Bildungswesens, 2. Sport- und Freizeitstätten, 3. Einrichtungen des Gesundheitswesens, 4. Büro-, Verwaltungs- und Gerichtsgebäude, 5. Verkaufs-, Gast- und Beherbergungsstätten, 6. Stellplätze, Garagen und Toilettenanlagen. Für die der zweckentsprechenden Nutzung dienenden Räume und Anlagen genügt es, wenn sie in dem erforderlichen Umfang barrierefrei sind. Toilettenräume und notwendige Stellplätze für Besucherinnen oder Besucher und Benutzerinnen oder Benutzer müssen in der erforderlichen Anzahl barrierefrei sein.(3) Für 1. Wohnheime, Tagesstätten, Werkstätten und Heime für Menschen mit Behinderungen, 2. Altenheime, Altenwohnheime, Altenpflegeheime und Altenbegegnungsstätten, 3. Kindertagesstätten und Jugendhilfeeinrichtungen nach § 45 des Achten Buches Sozialgesetzbuch – Kinder und Jugendhilfe – in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. September 2012 (BGBl. I S. 2022), zuletzt geändert durch Artikel 36 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2652) gilt Absatz 2 für die gesamte Anlage und die gesamten Einrichtungen.(4) Abweichungen nach § 67 von den Absätzen 1 bis 3 können auch zugelassen werden, soweit die Anforderungen nur mit einem unverhältnismäßigen Mehraufwand erfüllt werden können, insbesondere 1. wegen schwieriger Geländeverhältnisse, 2. wegen des Einbaus eines sonst nicht erforderlichen Aufzugs, 3. wegen ungünstiger vorhandener Bebauung oder 4. im Hinblick auf die Sicherheit der Menschen mit Behinderungen. |
§ 82 Ordnungswidrigkeiten(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig […] |
§ 84 Ordnungswidrigkeiten
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