
Der „Kölner Design Preis“ wurde am 25.10.2018 zum 11. Mal vergeben. Der Preis gehört zu den begehrtesten Auszeichnungen für junge Designabsolventen und prämiert herausragende Abschlussarbeiten von Designstudiengängen an Kölner Hochschulen. Bis zum 18. November 2018 zeigt eine Ausstellung im MAKK die Arbeiten der Preisträger und aller Nominierten.
Den ersten Platz erreichte Jakob Kilian mit seinem Projekt „Unfolding Space“. Dabei handelt es sich um einen Handschuh, der blinden Menschen ermöglicht, ihre Umwelt über Vibrationen haptisch zu erfahren. Dadurch können sie Hindernisse erkennen und sich leichter in fremden Umgebungen orientieren.
So funktioniert es

Der Prototyp projiziert dreidimensionale Bilder, die von einer Tiefenkamera generiert wurden, als Vibrationsmuster auf den Handrücken. Der Ort einer Vibration stellt die relative Lage eines Objektes im Raum dar, die Stärke der Vibration repräsentiert deren Entfernung. Blinde Nutzer können mit diesem neuen Tiefensinn ihre Umwelt interaktiv erfahren, Hindernisse erkennen und sich nach und nach auch in fremden Umgebungen orientieren und zurechtfinden.
Das Gehirn ist aufgrund seiner immensen Plastizität in der Lage, den neuen visuellen Input zu erlernen und zu interpretieren. Zu Beginn des Substitutionsprozesses müssen diese neuen Stimulationen noch bewusst und aktiv analysiert und interpretiert werden. Doch mit ein wenig Training kann diese visuell-ähnliche Information schließlich implizit verstanden und unterbewusst verarbeitet werden. Die Nutzer beginnen dann den Raum vor ihnen zu sehen.
Was macht das Projekt einzigartig?

Die meisten Devices zur Sensorischen Substitution sind eher technisch orientiert und vernachlässigen Design- und Nutzbarkeitsaspekte. Gleichzeitig verhindern hohe Anschaffungskosten eine breite Akzeptanz und führen dazu, dass sich die Devices nur wenige Menschen leisten können. Dieser Prototyp begegnet beiden Problematiken: Er wurde aus der Perspektive des Interaktions-Designs heraus entwickelt und ist günstig. Der Handschuh besitzt eine ansprechende Erscheinung, erzeugt eine angenehme Nutzungserfahrung und der Umgang mit ihm ist unkompliziert und schnell erlernbar. Gleichzeitig liegen die Herstellungskosten momenten unter 500 € und könnten noch weiter gesenkt werden. Da das Projekt Open Source veröffentlicht wurde, ist es zudem möglich, den Prototypen selbst nachzubauen.

Bisher haben nur sehr wenige wissenschaftliche Veröffentlichungen 3D Tiefenbilder für Sensorische Substitution zu Rate gezogen. Keine von ihnen stieß auf große Resonanz oder brachte es zu einem fertigen Produkt. Auch die Positionierung auf dem Handrücken wurde von wenigen so gewählt, wodurch die Hardware Kombination neuartig und einzigartig ist.
Zukünftige Pläne
Die eigentliche Arbeit hat gerade erst begonnen: Das Projekt sollte als Proof-of-Concept dienen und zeigen, dass es möglich ist, ein Low Budget Device zur Sensorischen Substitution zu entwickeln und zu gestalten, das Ästhetik- und Usabilityfaktoren gerecht wird. Der Handschuh versteckt durch seine Bauweise nicht nur die technische Komponente selbst und hilft dadurch soziale Stigma zu reduzieren. Er kann selbst zu einem interessanten Wearable werden, das in erhabener Körperhaltung benutz werden kann.
Es gibt allerdings noch viel zu tun. Mit dem Bau des ersten Prototypen liegt nun ein Kommunikations-Werkzeug bereit, mit dem es möglich ist, direkt mit Blinden zusammenzuarbeiten, Potentiale und Probleme des Aufbaus herauszuarbeiten und in zukünftige Prototypen einfließen zu lassen.
Mehr Information zum Projekt unter unfoldingspace.jakobkilian.de >>