Das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) ist vor rund 20 Jahren in Kraft getreten und hat grundlegende Veränderungen für die Stellung von Menschen mit Behinderungen in der Gesellschaft eingeleitet. Ziel war und ist es, Benachteiligungen zu beseitigen und zu verhindern, indem weitgehende Schutz- und Teilhaberechte geschaffen wurden. Nach seinem Inkrafttreten 2002 wurde das Gesetz 2016 grundlegend reformiert, um es stärker auf die UN-BRK auszurichten. Weitere Anpassunge folgten. Bei der 2016er BGG-Novellierung wurde festgelegt, dass die Bundesregierung innerhalb von sechs Jahren über die Wirkungen des BGG berichtet. Dieser Bericht liegt nun vor. Er besteht aus einem umfangreichen Forschungsbericht sowie Empfehlungen und einer Stellungnahme der Bundesregierung.
Die Bundesländer nahmen das BGG des Bundes häufig als Vorbild zur Ausgestaltung ihrer eigenen Landesgesetze. Isnofern hat eine Reform des BGG Signalwirkung und Vorbildfunktion für die Länder.
Bewusstsein zwar verbessert, aber weiterer Sensibilisierungs- und Informationsbedarf
Die Kenntnis der verschiedenen Formen von Behinderung und das Bewusstsein für das Zusammenwirken von individuellen und gesellschaftlichen Faktoren, das ein zeitgemäßes Behinderungsverständnis auszeichnet, haben sich in den vergangenen Jahren verbessert. Es sind aber weitere Maßnahmen zur Sensibilisierung und Information erforderlich.

Handlungsbedarf insbesondere im Bereich Bauen

Der Bericht sieht Handlungsbearf insbesondere im Bereich barrierefreies Bauen:
4.1.10 Bauliche Barrierefreiheit (§ 8 BGG)
„Die Verpflichtung, barrierefrei zu bauen, ist Sollvorschrift. Eine Abweichung ist nur im Ausnahmefall zulässig. Barrierefreiheit wird in § 4 BGG definiert. In diesem Zusammenhang nehmen insbesondere DIN-Vorschriften eine wichtige Stellung ein.
Nach dem Bauplanungsrecht des Bundes sollen die Belange u. a. von Menschen mit Behinderungen in die Abwägung der verschiedenen Belange miteinbezogen werden. Ausführlichere Regelungen zur Barrierefreiheit finden sich im Bauordnungsrecht der Länder. In allen Bauordnungen findet sich gleichermaßen Verpflichtungen, die sich sowohl an Private als auch an öffentliche Träger richten können und Definitionen der Barrierefreiheit, Regelungen zum barrierefreien Wohnen und Bauen, die Einbeziehung der technischen Regelwerke und Ordnungswidrigkeiten enthalten.
[…]
Nach Auswertung der Interviews und der Befragungsergebnisse wird deutlich, dass mangelhafte bauliche Barrierefreiheit einer der häufigsten Gründe für Beschwerden bei Verbänden, bei Schwerbehindertenvertretungen und in den Behörden selbst ist. Barrierefreiheit wird oft als behinderungsspezifisches Thema und nicht als grundsätzliches Thema im Sinne eines Mainstreamings und Universellen Designs verstanden. Es ist Bewusstseinsbildung erforderlich, dass Barrierefreiheit nicht nur Aufgabe des für Soziales oder Bau zuständigen Ministeriums ist und es klare Zuständigkeiten dafür in jeder Behörde benötigt.
Es besteht Forschungsbedarf, ob die Änderungen der Bauordnungen der Länder in den vergangenen Jahren bereits zu Verbesserungen in der Praxis geführt haben. Insbesondere ist zu überprüfen, ob der Sanktionierungscharakter in einzelnen Bauordnungen Auswirkungen in der Praxis hatte.“
Empfehlungen zur Vereinheitlichung des Bauordnungsrecht – inkl. MBO-Novelle
4.3.1.5.2 Empfehlungen für die Regierung und die Verwaltung
Mit den Ländern soll das Gespräch gesucht werden, um die Vorschriften zur Barrierefreiheit im Bauordnungsrecht auf hohem Niveau zu vereinheitlichen. Hierzu soll die Musterbauordnung weiterentwickelt werden. Mit den Ländern soll das Gespräch gesucht werden, um das Verhältnis zwischen Denkmalschutzrecht
und Barrierefreiheit im Sinne größtmöglicher Konkordanz zu regeln. […]
Mehr Beteiligung für Beauftage für Menschen mit Behinderung
4.3.1.14 Bundesbeauftragter für Menschen mit Behinderungen (§§ 17, 18 BGG)
4.3.1.14.1 Empfehlungen zur Gesetzgebung
[…] In § 18 Abs. 2 BGG sollte eingefügt werden, dass die Bundesministerien verpflichtet sind, die Stellungnahmen des oder der Beauftragten zu berücksichtigen. Eine Nichtberücksichtigung soll mit einem Begründungserfordernis versehen werden.