Die Landesbauordnung NRW 2018/2021 soll zum 1. Januar 2024 erneut geändert werden. Der Gesetzentwurf der Landesregierung (Stand: 6.6.2023) liegt vor, das Beratungsverfahren läuft.
Auch in Sachen Barrierefreiheit sind Änderungen geplant:
§ 39 Aufzüge | keine „Aufzugspflicht“ beim Bauen im Bestand
Die Ausnahmen von der „Aufzugspflicht“ beim Bauen im Bestand werden erleichtet. Wird auf einen Aufzug verzichtet ist auch kein Abweichungsantrag mehr erforderlich: „Gebäude, mit Ausnahme von Ein- und Zweifamilienhäusern, mit mehr als drei oberirdischen Geschossen müssen Aufzüge in ausreichender Zahl haben. Dies gilt nicht beim nachträglichen Ausbau oder der Nutzungsänderung des obersten Geschosses oder bei der Aufstockung um bis zu zwei Geschosse.“
Auszug aus der Begründung zu § 39 Aufzüge
„[…] Satz 2 wird neugefasst, inhaltlich gestrafft und damit die Regelung der Musterbauordnung übernommen: Bei bestehenden Gebäuden ist der Einbau eines Aufzuges regelmäßig mit sehr großem Aufwand verbunden, sofern er sich überhaupt realisieren lässt.
Oftmals liegen die baulichen Voraussetzungen für die nachträgliche Ausstattung mit einem Aufzug nicht vor, so zum Beispiel, weil der Treppenraum zu klein ist und wegen fehlenden Platzes auch die Anordnung eines Aufzugs an der Außenseite des Gebäudes ausscheidet. Die Pflicht zur Schaffung oder zur Erweiterung eines Aufzugs kann darüber hinaus wirtschaftlich unzumutbar sein und damit das Vorhaben insgesamt in Frage stellen. Daher sieht § 39 Absatz 4 Satz 2 vor, dass die Pflicht zur Herstellung von Aufzügen entfällt, wenn beispielsweise bei bestehenden Gebäuden zusätzlicher Wohnraum durch Änderung des Dachgeschosses oder durch Aufstockung um zusätzliche Geschosse geschaffen wird. Die Privilegierung gilt auch für bestehende Gebäude mit vorhandenen Aufzügen, die zum Beispiel bei einer Aufstockung nicht höher geführt werden müssen.
Mit der Neuregelung ist auch künftig ein Abweichungsantrag nach § 69 für den Verzicht auf einen Aufzug nicht mehr erforderlich, der für jeden Einzelfall gesondert zu begründen war.
§ 47 Wohnungen | Sonderbauschwelle erhöht
Absatz 5: Die Schwelle zum Sonderbau bei Nutzungseinheiten zum Zwecke der Pflege oder Betreuung von Personen mit Pflegebedürftigkeit oder Behinderung, deren Selbstrettungsfähigkeit eingeschränkt, wird erhöht. Statt bisher „weniger als 6 Personen“ bzw. „weniger als 12 Personen“ sollen nun „bis zu 6 Personen“ bzw. „bis zu 12 Personen“ zulässig sein.
Auszug aus der Begründung zu § 47 Wohnungen
„[…] Absatz 5 regelt, in Abgrenzung zu § 50 Absatz 2 Nummer 8 (großer Sonderbau), dass an Nutzungseinheiten zum Zwecke der Pflege oder Betreuung von Personen mit Pflegebedürftigkeit oder Behinderung, deren Selbstrettungsfähigkeit eingeschränkt ist, keine Anforderungen wie an Sonderbauten zu stellen sind, wenn die Nutzungseinheiten einzeln für bis zu sechs Personen, nicht für Personen mit Intensivpflegebedarf oder einen gemeinsamen Rettungsweg haben und für insgesamt bis zu zwölf Personen bestimmt sind. Durch die Änderungen wird die „sechste“ Person (Nummer 1) bzw. die „zwölfte“ Person (Nummer 3) jeweils miterfasst. Für diese Nutzungseinheiten gelten die bauordnungsrechtlichen Vorschriften über Wohnungen“
§ 49 Barrierefreies Bauen „im erforderlichem Umfang“ endlich gestrichen
Nach Absatz 1 müssen in Gebäuden der Gebäudeklasse 3 bis 5 mit Wohnungen alle Wohnungen barrierefrei sein. Der bisherige Zusatz „im erforderlichen Umfang“ wird gestrichen.
Auch für die öffentlich zugänglichen Gebäude nach Absatz 2 entfällt dieser irreführende Zusatz:
Bauliche Anlagen, die öffentlich zugänglich sind, müssen im erforderlichen Umfang barrierefrei sein.“
Der bisherige Satz 5 entfällt ersatzlos: „Wohngebäude sind nicht öffentlich zugänglich im Sinne dieses Absatzes.“
Auszug aus der Begründung zu § 49 Barrierefreies Bauen
„Die Anpassungen in Absatz 1 und 2 im Hinblick auf den Umfang der Barrierefreiheit sind redaktioneller Art: Der Umfang der Barrierefreiheit von Wohnungen (Absatz 1) ergibt sich in Verbindung mit der VV TB NRW Anlage A 4.2/3, der von baulichen Anlagen, die öffentlich zugänglich sind (Absatz 2) in Verbindung mit der VV TB NRW Anlage A 4.2/2. Mit den genannten Anlagen wurde die DIN 18040-2 im Land Nordrhein-Westfalen als technisches Regelwerk (§ 3 Absatz 2 Satz 3) eingeführt und gelten als allgemein anerkannte Regeln der Technik. Die Änderung in Absatz 2 Satz 3 Nummer 1 beruht auf einer entsprechenden Änderung der Musterbauordnung. Die Streichung des Satzes 5, wonach Wohngebäude nicht öffentlich zugänglich sind, kann ersatzlos entfallen, da sich der Umstand bereits aus Absatz 2 Satz 2 ergibt.“
§ 69 Abweichungen | neue Innovationsklausel + Erleichterungen für Abweichungen von den Anforderungen an die Barrierefreiheit sowie bei Nutzungsänderungen
Abweichungen sind wie bisher Ermessenentscheidungen. Ergänzt werden soll dieser Zusatz: „Wird der Zweck der jeweiligen Anforderung nachweisbar auch unter Zulassung der beantragten Abweichung erreicht, soll die Abweichung zugelassen werden.“
Neu ist, dass Abweichungen u.a. von § 49 Barrierefreies Bauen auch „bei Nutzungsänderungen“ zuzulassen sind (vorher als „Kann“-Vorschrift).
Eine neue Innovationsklausel soll Raum für kreative Lösungen für Bauaugaben schaffen, indem Abweichungen zugelassen werden können „zur praktischen Erprobung neuer Bau- und Wohnformen“.
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