NRW: BauO 2018 – Handlungsempfehlungen Bauministerium

Das NRW-Bauministerium hat Handlungsempfehlungen zur BauO NRW 2018 herausgegeben und darin zumindest einige Hinweise zur Auslegung im Hinblick auf die Barrierefreiheit geliefert.  Die Handlungsempfehlungen zur praktischen Anwendung der BauO NRW 2018 richten sich in erster Linie an die Behörden, sind aber auch für Planer und Architekten hilfreich – insbesondere da die Verwaltungsvorschrift zur BauO NRW weiter auf sich warten lässt. Sie sollen zukünftig weiter fortgeschrieben und ergänzt werden.

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Stellungnahme der Behindertenbeauftragten bei öffentlich zugänglichen Gebäuden (§ 72 Beteiligung der Angrenzer und der Öffentlichkeit)

Bei Neubau oder Änderung von öffentlich zugänglichen Gebäuden, die im Eigentum der öffentlichen Hand stehen, soll die Bauaufsichtsbehörde  dem zuständigen Behindertenbeauftragten Gelegenheit zur Stellungnahme geben (§ 72 Absatz 7 Bau NRW 2018). (§ 72 Absatz 7 Bau NRW 2018). Die Handlungsempfehlungen ergänzen dazu:

„Die Beteiligung der zuständigen Behindertenbeauftragten bzw. der örtlichen Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung ist nur dann erforderlich, wenn es sich um eine öffentlich zugängliche (bauliche) Anlage handelt, die im Eigentum der öffentlichen Hand steht. Einer der genannten Stellen ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Gibt es mehrere in Betracht kommende Stellen, hat die Bauaufsichtsbehörde ein Wahlrecht, welche Stelle sie beteiligt. Die Beteiligung kann entsprechend der Beteiligung der Fachdienststellen erfolgen. Wenn keine Stelle existiert, ist eine Beteiligung nicht möglich. Hinsichtlich der Frage, ob die Anlage „im Eigentum der öffentlichen“ Hand steht, ist im Falle einer privaten Gesellschaft auf die Gesellschafter abzustellen.“

Was bedeutet „im Eigentum der öffentlichen Hand“?

Dazu folgende Erläuterung: Die öffentliche Hand kann als Behörde tätig werden, sich aber auch privatrechtlich organisieren, z.B. als GmbH. Das ist z.B. oft bei Abfallwirtschaftsbetrieben oder Verkehrsbetrieben der Fall. Bei der Beurteilung, ob ein Grundstück oder eine Anlage im Eigentum der öffentlichen Hand steht, muss man nachsehen, z.B. im Handelsregister, wer Gesellschafter dieses Privatunternehmens ist. Wenn Gesellschafter alleine die öffentliche Hand ist (z.B. bei der Deutschen Bahn), steht das Grundstück im Eigentum der öffentlichen Hand.

Barrierefreie Anpassung im Bestand (§ 59 Bestehende Anlagen)

Nach neuer BauO 2018 können im Bestand bei wesentlichen Änderungen angemessene Regelungen zur Barrierefreiheit gefordert werden. Dazu führen die Handlungsempfehlungen aus:

§ 59 Absatz 2 BauO NRW 2018 knüpft an die wesentliche Änderung rechtmäßig bestehender Anlagen an. Für die wesentliche Änderung selbst gilt das im Zeitpunkt der Entscheidung geltende Recht. Die Begrifflichkeit ist einerseits zur Errichtung eines Neubaus und andererseits zu Änderungen unterhalb der Wesentlichkeitsschwelle abzugrenzen. Die Schwelle zur Erheblichkeit ist nur dann überschritten, wenn in erheblicher Weise in den Bestand eingegriffen wird. Ob eine wesentliche Veränderung vorliegt, ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu bewerten.
Im Rahmen des Anpassungsverlangens nach § 59 Absatz 2 BauO NRW 2018 sind bei wesentlicher Änderung von Anlagen nach Satz 2 angemessene Regelungen zur Barrierefreiheit zu treffen (vgl. dazu Ausnahme nach § 39 Absatz 4 Satz 5 BauO NRW 2018). Im Rahmen des Anpassungsverlangens ist hinsichtlich der Barrierefreiheit nicht zwingend eine vollständige Erfüllung der gültigen Rechtslage zu fordern. Vielmehr ist einzelfallbezogen zu prüfen, in welchem Umfang eine Anpassung auch wirtschaftlich angemessen ist. Es bedarf eines angemessenen Verhältnisses zwischen den Kosten der anstehenden wesentlichen Änderung und der Mehrkosten. Bei einer diesbezüglichen Bewertung müssen sämtliche Umstände des Einzelfalls betrachtet werden. Dabei sind auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Adressaten und die durch die Anpassung zu erlangende Vorteile sowie Art und Umfang der zu korrigierenden Nichtkonformität mit bestehenden Bauordnungsvorschriften und das öffentliche Interesse hieran zu betrachten (vgl. BeckOK BauordnungsR BW/Singer BWLBO § 76 Rn. 14).“

Abstellflächen innerhalb der Wohnung (§ 47 Wohnungen)

Hier stellen die Handlungsempfehlungen klar, dass es sich um Abstellflächen, nicht wie bisher Abstellräume handelt und diese nicht zwingend innerhalb einer Wohnung liegen müssen. „Abstellflächen für Kinderwagen und Mobilitätshilfen müssen in Gebäuden der Gebäudeklassen 3 bis 5 mit Wohnungen jedoch leicht und barrierefrei erreichbar sein.“

§ 36 Notwendige Flure, offene Gänge

„Absatz 2 schreibt vor, dass notwendige Flure so breit sein müssen, dass sie für den größten zu erwartenden Verkehr ausreichen. Die Breite eines notwendigen Flures sollte die Breite von notwendigen Treppen nicht unterschreiten, so im Regelfall von einer Breite von mindestens 1 m auszugehen ist. Größere Breiten können sich ergeben durch Anforderungen aus der barrierefreien Nutzung eines Gebäudes oder für Sonderbauten, z.B. aufgrund von Sonderbauvorschriften.“

§ 64 Einfaches Genehmigungsverfahren

„Die nach der Neuregelung zu prüfenden Vorschriften entsprechen im Wesentlichen denen, die gemäß § 68 Absatz 1 Satz 4 BauO NRW 2000 zu prüfen waren, allerdings ist jetzt beispielsweise auch die Vereinbarkeit des Vorhabens mit den Anforderungen an die Barrierefreiheit zu prüfen.“

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PDF-Download: BauO NRW 2018: Handlungsempfehlungen auf der Grundlage der Dienstbesprechungen mit den Bauaufsichtsbehörden im Oktober/November 2018