Leistungsbild + Honorare für Barrierefreies Bauen | AHO-Heft 40

Ausschnitt Barrierefrei-Konzept (Quelle: Kempen Krause Ingenieure)

Das AHO-Heft 40 liefert ein detailliertes Leistungsbild zur „Planung der Barrierefreiheit – Erstellung von Barrierefrei-Konzepten“ und wurde von einem Expertenkreis im AHO erarbeitet.

Das neue Leistungsbild beschreibt die HOAI ergänzende „Regelleistungen“ sowie „optionale Leistungen“, z. B. für sogenannte Barrierefrei-Konzepte, und liefert entsprechende Honorarempfehlungen für die jeweiligen Leistungsphasen sowie dazugehörige Beispielrechnungen.

Udo Kirchner, Leiter des AHO-Arbeitskreises „Barrierefreies Bauen“ erläutert im folgenden Beitrag die Hintergründe und Details und liefert Auszüge aus dem neuen Leistungsbild, inkl. einer Bespielrechnung.

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Teilhabe als selbstbestimmte Integration für Menschen mit Behinderung ist ein wesentliches Ziel der heutigen Politik und Gesellschaft, aus welchem ein erheblicher Einfluss auf die Planung und Ausführung unserer Gebäude resultiert. Eine zielorientierte, effiziente und wirtschaftliche Umsetzung geht dabei erheblich über die Einhaltung einiger normativ vorgegebenen Mindestmaße und das Ausfüllen eines Formulars zum Bauantrag hinaus. Deshalb hat nun ein Expertenkreis im AHO-Ausschuss der Verbände und Kammern für Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e.V. im Rahmen der grünen Schriftenreihe eine Praxishilfe und Vergütungsempfehlung erarbeitet, die dort als AHO-Heft 40 erschienen ist und in diesem Beitrag vorgestellt werden soll.

Barrierefrei-Konzept als strukturierte, eigenständige Leistung

Beschrieben werden Leistungen, die sich in einem sogenannten „Barrierefrei-Konzept“ dokumentieren, welches auch als besondere Bauvorlage mit ggf. eigenen Plandarstellungen bei komplexen Sonderbauten, Umbauten oder Nutzungsänderungen im Bestand nach den Vorgaben einzelner Landesbauordnungen, im Zusammenhang mit der Beantragung von Fördermitteln oder sonstigen Gründen und Bedarf vom Bauherrn angefordert wird. In der Regel erfordert die Bearbeitung eine besondere Qualifikation und stets eine interdisziplinäre Zusammenarbeit, so dass hieraus eine strukturierte, eigenständige Leistung resultiert, welche bei Bedarf die Objekt- und Fachplanung ergänzt und beratend unterstützt.
Die beschriebenen Leistungen gehen daher über die in der HOAI erfassten Grundleistungen (weit) hinaus und lassen ausdrücklich den bereits in der HOAI enthaltenden Anteil von Leistungen zur Planung der Barrierefreiheit einschließlich der dort vorgesehenen Honorierung durch Anpassung der Honorarzone oder des Honorarsatzes unberührt. Der Anwendungsbereich ist ausdrücklich nicht für Objekte des öffentlichen Nahverkehr ausgelegt, aber für Freianlagen.

Regelleistungen und optionale Leistungen je Leistungsphase

Um diese die HOAI ergänzenden Leistungen nochmals deutlich zu machen, kann in der Beschreibung des Leistungsbildes begrifflich „Regelleistungen“ im Sinne einer abgeschlossenen Liste formuliert, welche bei der Bearbeitung üblicherweise auftreten und differenziert zu „optionalen Leistungen“ die fallweise hinzutreten können oder nicht. Damit ist bereits erstmalig eine Struktur angewendet, welche der AHO einheitlich für seine Schriftenreihe in der dortigen Fachkommissionsleiterkonferenz im November 2020 beschlossen hat.
Analog zum Aufbau der HOAI (Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen) werden entsprechend der strukturierten und wie auch zeitlichen Abfolge sogenannte „Leistungsphasen“ unterschieden. Als Auszug aus dem AHO-Heft 40 zeigt Tabelle 1 die Regelleistungen und optionalen Leistungen für die Phase 1 „Vorleistungen, Grundlagenbearbeitung“ und Phase 2 „Vorplanung und Konzeption“:

Regelleistungen

Optionale Leistungen

  1. Vorleistungen, Grundlagenbearbeitung
  • Klären der Aufgabenstellung und des Planungsumfangs
  • Klären, ob für die beabsichtigte Art und Nutzung der baulichen Anlage baurechtliche Anforderungen an die Barrierefreiheit bestehen bzw. arbeitsstättenrechtliche Vorgaben Anwendung finden, die über den Regelfall hinausgehen
  • Hinweise auf grundsätzliche konzeptionelle Ansätze und Optimierungsmöglichkeiten
  • Erörtern, inwieweit Varianten der Art und Nutzung des Gebäudes Einfluss auf Anforderungen an die Barrierefreiheit haben
  • Zusammenstellen der Ergebnisse
 

  • Bestandsaufnahme vor Ort
  • Auswertung von übergebenen Bauakten oder Recherche in Bauarchiven
  • Klären, ob nach anderen Vorgaben (z.B. Zertifizierung, Fördermittel) Anforderungen an die Barrierefreiheit bestehen
  • Mitwirken bei der Bedarfsplanung in Bezug auf das Barrierefreie Bauen
  1. Vorplanung und Konzeption
  • Identifizieren der für die bauliche Anlage maßgeblichen Nutzergruppen sowie und der daraus resultierenden Schutzziele nach besonderen Anforderungen des Auftraggebers oder der Nutzer
  • Auswerten der nach allgemeinen Regelwerken in der Objektplanung ermittelten erforderlichen qualitativen Bedarfe an die Barrierefreiheit und der nach besonderen Regelwerken erforderlichen Bedarfe an Barrierefreiheit
  • Feststellen, inwiefern im konkreten Fall individuelle darüber hinausgehende qualitative Bedarfe bestehen
  • Visualisieren der Bereiche, an die Anforderungen an die Barrierefreiheit bestehen
  • Zusammenstellen der Ergebnisse
  • Beraten zur Umsetzung der qualitativen Bedarfe aus dem vereinbarten Zertifizierungssystemen oder aus den Fördermittel-Richtlinien
  • Durchführen einer Bestandsanalyse einschließlich Erstellen eines Defizit- und Maßnahmenkataloges / Feststellen des Handlungsbedarfs und Erstellen eines Maßnahmenkataloges

Es wird darauf hingewiesen, dass die Phase 1 in der Regel schon sehr früh, geeigneterweise kurz nach Projektstart, einsetzen kann und so zur Optimierung der Gesamtplanung beitragen wird, wenn Anforderungen an die Barrierefreiheit ggf. auf einzelne Gebäudebereiche beschränkt oder zusammengefasst werden können.

Honorarempfehlung nach BGF bzw. Fläche der relevanten Bereiche

Für die Honorarempfehlung der Regelleistungen wird eine Ermittlung in Abhängigkeit der Bruttogrundfläche der für die Barrierefreiheit relevanten Bereiche des Gebäudes bzw. Innenräume sowie der zu betrachtenden Flächen bei Freianlagen vorgesehen.

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Diese Bruttogrundfläche wird mit Nutzungsfaktoren n beaufschlagt, die in der Veröffentlichung aus der Nachkalkulation bereits ausgeführter Projekte für typische Nutzungen tabelliert sind, sowohl für Gebäude und Innenräume als auch für Freianlagen. Darüber hinaus können objektabhängig Schwierigkeitsbeiwerte s berücksichtigt werden, welche Beispielsweise die zusätzliche Betrachtung der Arbeitsstätte, etwaiger Inklusionsvereinbarungen, Gebäudebestand oder Denkmalschutz, etc. erfassen.

Es wird somit zunächst ein Flächenäquivalent Aq nach folgender Formel ermittelt.

wobei:
Ai = Bruttogrundfläche der Bereiche mit gleicher Nutzung und Schwierigkeit,
ni = Nutzungsfaktoren in der Teilfläche,
si = Produkt der Schwierigkeitsbeiwerte für die Teilfläche

si = s1 x s2 x s3 x …… x sn

Der Honorarvorschlag H wurde in Auswertung projektbezogener Nachkalkulationen entwickelt und bezogen auf alle Phasen 1 bis 8 für die Regelleistungen in Euro unmittelbar entsprechend folgender Formel bestimmt:

H = 2.100 + 110 x Aq0,6

Beispielrechnung: Honorarermittlung Umbau Büro- und Geschäftshaus mit Denkmalschutz und Inklusionsvereinbarung

Als Beispiel für eine entsprechende Honorarermittlung wird der Umbau eines Büro- und Geschäftshauses mit Denkmalschutz und Inklusionsvereinbarung wiedergegeben. Hier soll ein Bestandsgebäude im EG für eine Verkaufsnutzung umgebaut werden und im 1.-4. OG Büro- und Verwaltungsflächen erhalten. Im 2. UG und 5.OG sind Technikflächen angeordnet und im 1. UG eine Parkebene. Das gesamte Gebäude steht unter Denkmalschutz, für die Verkaufs- und Büronutzung wird die Arbeitsstätte mitbetrachtet, wobei zusätzlich für das 4. OG eine Inklusionsvereinbarung besteht.

 

 

Die Verteilung auf die einzelnen Leistungsphasen ergibt sich entsprechend nachfolgend tabellierter v.H.-Sätzen.

Phasen Bewertung der Regelleistungen
in v.H. der Honorare
1. Vorleistung, Grundlagenbearbeitung 8 %
2. Vorplanung und Konzeption 12 %
3. Entwurfsplanung 16 %
4. Genehmigungsplanung 24 %
5. Ausführungsplanung 23 %
6. Vorbereiten der Vergabe 1 %
7. Mitwirken bei der Vergabe 1 %
8. Baubegleitung und Dokumentation 15 %
9. Mitwirken bei der Objektbetreuung 0 %

Fazit

Damit ist insgesamt eine gut handhabbare Praxishilfe entstanden, welche sicherlich dazu beitragen wird, die Aspekte der Barrierefreiheit in die Planung unserer Gebäude und Freianlagen einzubinden und somit die Teilhabe und Integration von Menschen mit Behinderungen zu erleichtern.
Die Veröffentlichung kann als Einzelheft beim AHO, 10789 Berlin, Tauentzien 18 oder office@aho.de unter dem Stichwort „AHO-Heft 40“ bezogen werden.
Das komplette AHO-Heft 40 ist auch Bestandteil des „Atlas barrierefei bauen“ und im Volltext enthalten.

Quelle/Autor: Udo Kirchner, Leiter des Arbeitskreises „Barrierefreies Bauen“ beim AHO (Ausschuss der Verbände und Kammern für Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e.V.)

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