Paragraphen-Symbol und Titel Urteil zum barrierefreien Bauen
Quelle: RM Rudolf Müller Medien GmbH & Co. KG

Urteile 2025-09-09T11:59:47.860Z Urteil #22 – Terrassentür als privilegierte Maßnahme nach WEG?

Im heutigen Urteil geht es um die Frage, ob mit einer Baumaßnahme ein ausreichender Nutzungsvorteil für Menschen mit Behinderungen verbunden ist. Die Antwort auf diese Frage ist entscheidend für eine Privilegierung nach § 20 II 1 Nr. 1 WEG.

Im vorliegenden Fall wollte die Eigentümerin einer Erdgeschosswohnung, ein vorhandenes Fenster zu einer Terrassentür umbauen lassen und stellte dazu einen entsprechenden Antrag in der Eigentümerversammlung. Die Maßnahme wurde von den Miteigentümern jedoch abgelehnt. Dagegen ging die Klägerin vor, mit Verweis auf § 20 II 1 Nr. 1 WEG, wonach Umbaumaßnahmen zu Barrierefreiheit privilegiert seien. Sie begründet ihren Anspruch damit, dass durch die Baumaßnahme Barrierefreiheit hergestellt würde und ihr Vater, der regelmäßig ihre Kinder betreue, gehbehindert sei.   

Bauliche Situation  

Die Wohnung der Eigentümerin ist nicht barrierefrei zugänglich. Zur Eingangstür gelangt man über einige flache Stufen. Neben der Wohnung befindet sich eine im Gemeinschaftseigentum stehende Freifläche, die die Klägerin unrechtmäßig als Terrasse nutzt – was schon für Ärger unter den Miteigentümern gesorgt hatte.  

Terrassentür dient nicht in der erforderlichen Weise der Barrierefreiheit 

Zwar kann nach § 20 II Nr. 1 WEG jeder Eigentümer eine angemessene bauliche Maßnahme verlangen, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen dient – also die Barrierefreiheit verbessert. Dieser Anspruch besteht auch unabhängig davon, ob der Wohnungseigentümer selbst eine Einschränkung hat und sich dadurch die Situation für ihn oder seine Angehörigen verbessert. Durch diese abstrakte Betrachtungsweise will der Gesetzgeber Streitigkeiten über die Notwendigkeit einzelner Maßnahmen vermeiden und reagiert auch auf das gesamtgesellschaftliche Bedürfnis nach barrierefreiem oder barrierereduziertem Wohnraum (BT-Drs. 19/18791, 63). 

Im konkreten Fall wird durch den Einbau der Terrassentür jedoch keine Barrierefreiheit hergestellt. Da die Wohnung selbst nicht ebenerdig liegt, ist auch durch die begehrte Terrassentür kein barrierefreier Zugang möglich, da die Austrittsebene über dem umgebenden Gelände liegt. Es wären also zusätzliche Baumaßnahmen erforderlich, z.B. eine Rampe oder ein Lift, die aber nicht Bestandteil der geplanten Baumaßnahme waren. 

Entsprechend hatte die Klage keinen Erfolg und es besteht kein Genehmigungsanspruch. Das LG Frankfurt entschied, dass die geplante Umbaumaßnahme eben keine Barrierefreiheit schafft und weder ein notwendiger noch ein hinreichender Schritt im Sinne eines nach § 20 WEG privilegierten barrierefreien Zugangs ist. Denn nach wie vor könne die Wohnung der Klägerin nicht barrierefrei betreten werden. 

In seiner Begründung führt das OLG weitere Beispiele und Grenzfälle an, die verdeutlichen, was privilegiert wäre und was nicht. Im Einzelfall kommt es die jeweiligen baulichen Gegebenheiten an. Mehr dazu auf der 10. Fachtagung bfb barrierefrei bauen »

Der Volltext des Urteils ist nicht frei zugänglich:  LG Frankfurt/Main, Urteil vom 19.12.2024 - 2-13 S 40/23 

zuletzt editiert am 09. September 2025