Das Bild zeigt den Titel der Muster-Versammlungsstättenverordnung mit dem Schwerpunkt auf neuen Anforderungen an Toiletten.

Recht 2025-04-15T08:17:34.592Z Muster-Versammlungsstättenverordnung – Toiletten für alle?

Wie viele Toiletten pro Nutzergruppe sollen es zukünftig sein? Und wie viele davon barrierefrei?

Die Bauministerkonferenz hat einen Entwurf zur Änderung der Musterverordnung über den Bau und Betrieb von Versammlungsstätten (MVStättVO) vorgelegt. Die vorgesehen Änderungen betreffen insbesondere die Anforderungen an Toilettenräume. Sie sorgen für mehr Flexibilität je nach Veranstaltungsart und Bedarf und ermöglichen zukünftig auch Unisex-Toiletten. Bis zum 26. Mai 2025 besteht Gelegenheit zur Stellungnahme.

Mehr Flexibilität durch Funktionalanforderung statt fester Quoten

  • Statt fester Mindestquoten wird zukünftig eine „ausreichende Anzahl von Toiletten“ gefordert. Zur konkreten Bemessung wird auf die allg. anerkannten Regeln der Technik verwiesen, z. B. VDI 6000 Blatt 3 Sanitärtechnik - Sanitärräume - Arbeitsstätten.
  • Getrennte Toilettenräume für Damen und Herren sind nicht mehr zwingend vorgeschrieben.
  • Vorräume sind nur noch erforderlich, wenn es mehr als einen Toilettenraum gibt.

Was ändert sich für barrierefreie Toiletten?

Gefordert wird „eine ausreichende Zahl geeigneter, stufenlos erreichbarer Toiletten“ für Rollstuhlnutzer, mindestens 1 barrierefreie Toilette je 10 Rollstuhlplätze.
Bisher: mind. 1 barrierefreie Toilette je 12 Toiletten.
Durch den Verweis auf die neuen Bemessungsregeln nach VDI 6008 Blatt 3 steigt je nach Gleichzeitigkeit die Anzahl der barrierefreien Toiletten. Die Situation für Menschen mit Behinderungen wird deutlich verbessert.

Der Entwurf der MVStättVO ist im Internet abrufbar unter www.is-argebau.de
Mehr Informationen zu VDI 6000 Blatt 3 Sanitärtechnik - Sanitärräume - Arbeitsstätten gibt es bei DIN Media.

Entwurf Musterverordnung über den Bau und Betrieb von Versammlungsstätten
(Muster-Versammlungsstättenverordnung – MVStättVO) Fassung Juni 2005
(Entwurf 28. Februar 2025)

§ 12 Toilettenräume Aus der Begründung

(1) In Versammlungsstätten muss eine ausreichende Anzahl der Toiletten vorhanden sein. Auf dem Gelände der Versammlungsstätte oder in der Nähe vorhandene Toiletten können angerechnet werden, wenn sie für die Besucher der Versammlungsstätte zugänglich sind.

Die bisher geltenden Anforderungen an die Ausstattung von Versammlungsstätten mit Toilettenräumen geht von baulichen Anlagen und von einer gleichzeitigen Toilettennutzung aus wie z. B. einer Halbzeitpause in einem Sportstadion. Diese Annahme ist jedoch bei vielen Versammlungsstätten und insbesondere bei temporären Veranstaltungen im Freien wie z. B. bei Open-Air-Konzerten nicht zutreffend. Aus diesem Grund werden die vorgeschriebenen Mindestanzahlen von Toilettenbecken und Urinalen durch die funktionale Anforderung ersetzt, dass in Versammlungsstätten eine ausreichende Anzahl von Toiletten vorhanden sein muss. Die erforderliche Anzahl der Toiletten ist nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik (z. B. VDI 6000 Blatt 3) zu ermitteln und kann damit fallbezogen und deutlich flexibler als bisher bestimmt werden. Die technische Regel berücksichtigt z. B. im Gegensatz zu der bisherigen statischen Regelung die Gleichzeitigkeit der Nutzung, die Zusammensetzung der Besuchergruppe sowie die Art der Veranstaltung und reduziert damit Wartezeiten. Ihre Anwendung erlaubt insbesondere bei Versammlungsstätten im Freien eine Bedarfsermittlung, die der einzelnen Veranstaltung durch Berücksichtigung der o. g. Faktoren besser gerecht wird. Aus diesen Gründen werden auch keine getrennten Toilettenräume für Damen und Herren mehr vorgeschrieben.

(2) Für Rollstuhlbenutzer muss eine ausreichende Zahl geeigneter, stufenlos erreichbarer Toiletten, mindestens jedoch je zehn Plätze für Rollstuhlbenutzer eine Toilette vorhanden sein.

Auch in Absatz 2 wird die bisherige Mindestquote von barrierefreien Toiletten durch die funktionale Anforderung ersetzt, dass in Versammlungsstätten eine ausreichende Anzahl von barrierefreien Toiletten vorhanden sein muss. Die bisherige Quote bezieht sich auf die erforderliche Anzahl der Besucherplätze für Benutzerinnen und Benutzer von Rollstühlen und schreibt mindestens eine barrierefreie Toilette je 10 Plätze für Benutzerinnen und Benutzer von Rollstühlen vor, d. h. die Gesamtzahl der barrierefreien Toiletten entspricht 1 Promille der Besucherplätze, mindestens jedoch 1 Toilette. Bei Versammlungsstätten mit 500, 1 000, 2 000 oder 4 000 Besucherplätzen, waren demnach bisher jeweils 1, 1, 2 bzw. 4 barrierefreie Toiletten erforderlich. Legt man dagegen die VDI 6000 Blatt 3 und eine niedrige Gleichzeitigkeit der Nutzung zugrunde, wären es 1, 2, 4 bzw. 6 barrierefreie Toiletten. Bei einer mittleren Gleichzeitigkeit der Nutzung wären es 2, 2, 4 bzw. 6 barrierefreie Toiletten und bei einer hohen Gleichzeitigkeit noch mehr (2, 2, 4 oder 6). Die Anzahl der barrierefreien Toiletten für Menschen mit Behinderung verbessert sich also in jedem dieser Fälle durch das Abstellen auf die allgemein anerkannten Regeln der Technik.

(3) Jeder Toilettenraum muss einen Vorraum mit Waschbecken haben. Enthält ein Toilettenraum nur eine einzelne Toilette, genügt ein Waschbecken innerhalb eines Raumes.

Die Forderung nach separaten Vorräumen mit Waschbecken beruht auf der Annahme eines Toilettenraumes mit mehreren Toiletten und/oder Urinalen, was jedoch bei temporären Veranstaltungen im Freien oft nicht der Fall ist und daher regelmäßig der Zulassung einer Abweichung nach § 73 der Landesbauordnung bedarf. Aus diesem Grund sollen Vorräume nur noch erforderlich sein, wenn es mehr als einen Toilettenraum gibt. Mit dieser Änderung wird außerdem eine breite Verwendbarkeit von sogenannten „Unisex-Toilettenräumen“ ermöglicht, d. h. von einzelnen Toilettenräumen, die sowohl von Menschen mit oder ohne Behinderungen als auch von Männern, Frauen und Intersexuellen gleichermaßen genutzt werden können.

zuletzt editiert am 15. April 2025