Text auf Bild Landesbauordnung Nordrhein-Westfalen
Quelle: RM Rudolf Müller Medien GmbH & Co. KG

Bauordnungsrecht 2023-11-19T23:00:00Z BauO NRW | Welche Neuerungen gelten ab 2024?

Ab 1. Januar 2024 treten umfassende Änderungen der Landesbauordnung NRW in Kraft. Was sich in Sachen barrierefreies Bauen neu ist, fassen wir hier zusammen: 

§ 39 Aufzüge | keine „Aufzugspflicht“ beim Bauen im Bestand

Die Ausnahmen von der „Aufzugspflicht“ beim Bauen im Bestand werden weiter vereinfacht, in dem die bisherige Beschränkung auf Gebäude vor 2019 aufgehoben wird. Zukünftig besteht im Bestand keine Verpflichtung einen Aufzug zu errichten, wenn im Dachgeschoss oder durch Aufstockung um bis zu 2 Geschosse Wohnraum geschaffen wird oder der Aufzug „nur unter besonderen Schwierigkeiten hergestellt werden kann.“ Aus der Formulierung „gilt nicht“, resultiert,  dass – wenn auf einen Aufzug verzichtet werden soll – kein Abweichungsantrag erforderlich ist.

Auszug aus der Begründung zu § 39 Aufzüge
„[…] Bei bestehenden Gebäuden ist der Einbau eines Aufzuges regelmäßig mit sehr großem Aufwand verbunden, sofern er sich überhaupt realisieren lässt.
Oftmals liegen die baulichen Voraussetzungen für die nachträgliche Ausstattung mit einem Aufzug nicht vor, so zum Beispiel, weil der Treppenraum zu klein ist und wegen fehlenden Platzes auch die Anordnung eines Aufzugs an der Außenseite des Gebäudes ausscheidet. Die Pflicht zur Schaffung oder zur Erweiterung eines Aufzugs kann darüber hinaus wirtschaftlich unzumutbar sein und damit das Vorhaben insgesamt in Frage stellen. Daher sieht § 39 Absatz 4 Satz 2 vor, dass die Pflicht zur Herstellung von Aufzügen entfällt, wenn beispielsweise bei bestehenden Gebäuden zusätzlicher Wohnraum durch Änderung des Dachgeschosses oder durch Aufstockung um zusätzliche Geschosse geschaffen wird. Die Privilegierung gilt auch für bestehende Gebäude mit vorhandenen Aufzügen, die zum Beispiel bei einer Aufstockung nicht höher geführt werden müssen.
Mit der Neuregelung ist auch künftig ein Abweichungsantrag nach § 69 für den Verzicht auf einen Aufzug nicht mehr erforderlich, der für jeden Einzelfall gesondert zu begründen war.

§ 47 Wohnungen | Sonderbauschwelle erhöht

Absatz 5:  Die Schwelle zum Sonderbau bei Nutzungseinheiten zum Zwecke der Pflege oder Betreuung von Personen mit Pflegebedürftigkeit oder Behinderung, deren Selbstrettungsfähigkeit eingeschränkt, wird erhöht. Statt bisher „weniger als 6 Personen“ bzw. „weniger als 12 Personen“ sollen nun „bis zu 6 Personen“ bzw. „bis zu 12 Personen“ zulässig sein.

Auszug aus der Begründung zu § 47 Wohnungen
„[…] Absatz 5 regelt, in Abgrenzung zu § 50 Absatz 2 Nummer 8 (großer Sonderbau), dass an Nutzungseinheiten zum Zwecke der Pflege oder Betreuung von Personen mit Pflegebedürftigkeit oder Behinderung, deren Selbstrettungsfähigkeit eingeschränkt ist, keine Anforderungen wie an Sonderbauten zu stellen sind, wenn die Nutzungseinheiten einzeln für bis zu sechs Personen, nicht für Personen mit Intensivpflegebedarf oder einen gemeinsamen Rettungsweg haben und für insgesamt bis zu zwölf Personen bestimmt sind. Durch die Änderungen wird die „sechste“ Person (Nummer 1) bzw. die „zwölfte“ Person (Nummer 3) jeweils miterfasst. Für diese Nutzungseinheiten gelten die bauordnungsrechtlichen Vorschriften über Wohnungen.“

§ 49 Barrierefreies Bauen „im erforderlichem Umfang“ gestrichen

Nach Absatz 1 müssen in Gebäuden der Gebäudeklasse 3 bis 5 mit Wohnungen alle Wohnungen barrierefrei sein. Der bisherige Zusatz „im erforderlichen Umfang“ wird gestrichen.

Auch für die öffentlich zugänglichen Gebäude nach Absatz 2 entfällt dieser irreführende Zusatz:
„Bauliche Anlagen, die öffentlich zugänglich sind, müssen  im erforderlichen Umfang  barrierefrei sein.“

Der bisherige Satz 5 entfällt ersatzlos: „Wohngebäude sind nicht öffentlich zugänglich im Sinne dieses Absatzes.“

Auszug aus der Begründung zu § 49 Barrierefreies Bauen
„Die Anpassungen in Absatz 1 und 2 im Hinblick auf den Umfang der Barrierefreiheit sind redaktioneller Art: Der Umfang der Barrierefreiheit von Wohnungen (Absatz 1) ergibt sich in Verbindung mit der VV TB NRW Anlage A 4.2/3, der von baulichen Anlagen, die öffentlich zugänglich sind (Absatz 2) in Verbindung mit der VV TB NRW Anlage A 4.2/2. Mit den genannten Anlagen wurde die DIN 18040-2 im Land Nordrhein-Westfalen als technisches Regelwerk (§ 3 Absatz 2 Satz 3) eingeführt und gelten als allgemein anerkannte Regeln der Technik. Die Änderung in Absatz 2 Satz 3 Nummer 1 beruht auf einer entsprechenden Änderung der Musterbauordnung. Die Streichung des Satzes 5, wonach Wohngebäude nicht öffentlich zugänglich sind, kann ersatzlos entfallen, da sich der Umstand bereits aus Absatz 2 Satz 2 ergibt.“

§ 69 Abweichungen | Erleichterungen für Abweichungen bei Nutzungsänderungen + neue Innovationsklausel

Abweichungen sind wie bisher Ermessenentscheidungen. Ergänzt wird dieser Zusatz: „Wird der Zweck der jeweiligen Anforderung nachweisbar auch unter Zulassung der beantragten Abweichung erreicht, soll die Abweichung zugelassen werden.“ 

Laut Begründung soll damit klargestellt werden, dass Abweichungen erteilt werden müssen, wenn sie mit den öffentlichen und privaten Belangen vereinbar sind. Voraussetzung ist aber,  das in einem entsprechenden Abweichungsantrag nachvollziehbar dargelegt und auch begründet wird.

Neu ist auch, dass Abweichungen u.a. von den Anforderungen an das Barrierefreies Bauen nach § 49 auch „bei Nutzungsänderungen“ zuzulassen sind (vorher als „Kann“-Vorschrift).

Eine neue Innovationsklausel soll Raum für kreative Lösungen für Bauaufgaben schaffen, indem zur praktischen Erprobung neuer Bau- und Wohnformen“ Abweichungen zugelassen werden können.

Hier geht es zur Synpose des Landes Nordrhein-Westfalen »»

zuletzt editiert am 21. Oktober 2025