DIN-Normen 2023-11-09T23:00:00Z Barrierefreie Aufzüge nach DIN 18040 und DIN EN 81-70 | Was gilt?

Kontroverse Diskussionen zur Auslegung der Anforderungen an barrierefreie Aufzüge nach DIN 18040 und DIN EN 81-70

Zu Größe und Ausstattung barrierefreier Aufzüge gibt es viele Fragen. Hintergrund sind zwei nicht aufeinander abgestimmte Normenreihen, die unterschiedliche Interpretationen zulassen.Die eher knapp gefasste DIN 18040 für Barrierefreies Bauen verweist auf das detaillierte Regelwerk der Aufzugsnorm DIN EN 81-70. Anders gesagt: eine schutzzielorientierte Norm verweist auf eine Produktnorm. Hinzu kommt, dass es datierte und undatierte Verweise gibt, so dass bei der Anwendung unterschiedliche Ausgabedaten der DIN EN 81-70 berücksichtigt werden müssen. Das macht es für alle Beteiligten bei Planung und Ausschreibung nicht gerade einfach.

Unterschiedliche Messregeln

DIN 18040 geht grundsätzlich von Fertigmaßen z. B. der Aufzugskabine aus, während nach DIN EN 81-70 die Fahrkorbabmessungen „zwischen den Struk­turelementen“ gemessen werden und zusätzlich eingeschränkt werden dürfen, durch z. B. Bekleidungen, Handläufe, quergeneigte Bedientableaus, Radabweiser oder Rammschutz.

Wenn DIN 18040 mit Verweis auf Typ 2 eine Kabinengröße von 1,10 m x 1,40 m fordert, ist damit eine lichte, uneingeschränkt nutzbare Kabinengröße gemeint. Nach den Messregeln der DIN EN 81-70 bekommt man jedoch je nach gewählter Ausstattungsvariante u. U. eine deutlich kleinere Kabine. Im Sinne der DIN 18040 wäre die Barrierefreiheit dann nicht mehr gegeben.

Abweichende Grundannahmen

Skizze mit unterschiedlichen Aufzugstypen und der erforderlichen Bewegungsfläche
Aufzugstypen nach DIN EN 81-70 inkl. Darstellung der erforderliche Flächen für Rollstuhlnutzer und stehende Personen (Quelle: Atlas barrierefrei bauen)

Auch die Grundannahmen weichen voneinander ab und führen in die Irre. Nach DIN EN 81-70 Tabelle 3 ist der Aufzug Typ 2 mit seiner Kabinengröße 1,10 m x 1,40 m ausreichend für einen Rollstuhlnutzer inkl. einer Begleitperson. DIN 18040 definiert die Stellfläche eines Standardrollstuhlnutzers aber bereits mit 1,30 m Länge x 70 cm Breite. Da bleiben für die Begleitperson ganze 10 cm in der Tiefe übrig.

Je nach Gebäudenutzung kann es aber erforderlich sein, dass Rollstuhlnutzende nicht allein fahren, z. B. aufgrund der Aufsichtspflicht in Schulen. Eine barrierefreie Nutzung nach DIN 18040-1 ist dann erst ab Typ 3 möglich.

Türbreiten im Bestand

Nach beiden Normen müssen die Aufzugstüren 90 cm breit sein. Für Bestandsbauten lässt die DIN EN 81-70 – im Widerspruch zu DIN 18040 – jedoch eine geringere lichte Öffnungs­breite von 80 cm zu. Auch die Angaben zu den erforderlichen Türhöhen sind unterschiedlich.

Lösungswege + neue DIN 18040 als Chance

Eine barrierefreie Ausführung im Sinne der DIN 18040 ist auch mit dem Standardaufzug Typ 2 möglich. Es braucht nicht zwingend eine größere, vom Standardmaß abweichende und damit teurere Kabine. Es kommt aber auf die richtige und sinnvolle Positionierung und Auswahl von Handläufen, Bedientableaus, Radabweisern etc. an. Und die müssen Objektplaner mit Aufzugsherstellern und Bauherrn im Hinblick auf die Gebäudenutzung genau abstimmen. Der „Atlas barrierefrei bauen“ stellt dazu in Tabelle C 2.0-1 die Anforderungen beider Regelwerke übersichtlich gegenüber und gibt Empfehlungen für eine korrespondierende Anwendung.

Im Hinblick auf Planungs- und Kostensicherheit ist eine Harmonisierung der Regelwerke wünschenswert. Die gerade laufende Überarbeitung der DIN 18040 bietet die Chance, die Anforderungen klarer zu fassen, so dass die o.g. Widersprüche in Zukunft gar nicht erst entstehen.

Wir von bfb sind gespannt und bleiben dran! Der bfb-Newsletter informiert regelmäßig zu aktuellen Änderungen rund um das barrierefreie Bauen.

zuletzt editiert am 21. November 2023