Kann ein Mieter vom Vertrag zurücktreten, wenn nicht alle Vereinbarungen zur Barrierefreiheit vom Vermieter erfüllt wurden?
Der Mieter plante die gemieteten Räume als Physiotherapiepraxis zu nutzen. Hierfür forderte er den Einbau einer barrierefreien Dusche, eines barrierefreien WCs und einer festmontierten Rollstuhlrampe. Schriftlich im Vertrag festgehalten wurde jedoch nur das Behinderten-WC und nur dieses hat der Vermieter auch gebaut. Die Dusche ist dagegen nicht barrierefrei ausgeführt und die Rampe besteht aus transportablen Aluschienen.
Mündliche Vertragsabsprachen schwer nachweisbar
Nachdem der Mieter dies moniert und der Vermieter eine Nachfrist zur Mängelbeseitigung verstreichen lässt, tritt der Mieter von dem Mietvertrag zurück. Dagegen klagt der Vermieter und macht Mietzahlungsansprüche geltend.
Das Oberlandesgericht Brandenburg weist die Klage am 20. Juni 2012 ab. Der Rücktritt des Mieters vom Vertrag ist wirksam. Ausschlaggebend hierfür sind jedoch nicht die strittigen Absprachen über die betreffenden Ausführungen. Diese konnten in mehreren Zeugenbefragungen nicht hinreichend belegt werden.
Vertragszweckentsprechende Anforderung
Stattdessen hat das Gericht den Mietvertragsrücktritt für rechtmäßig erklärt, weil der Vermieter keine vertragszweckentsprechende Zugangsmöglichkeit geschaffen hat. Nach der damals gültigen brandenburgischen Bauordnung müssen Einrichtungen der ambulanten medizinischen Betreuung nach § 45 Abs. 2 barrierefrei sein. Dementsprechend reichen mobilen Aluschienen für einen barrierefreien Zugang nicht aus, insbesondere da diese im betreffende Fall deutlich zu steil waren.
Der Vermieter hat den Vertrag also nicht erfüllt und der Mieter und Beklagte konnte aufgrund dessen wirksam vom Mietvertrag zurücktreten ohne jegliche Mietzahlung zu leisten.
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Gekürzter Auszug aus „Atlas barrierefrei bauen“, Nadine Metlitzky/Lutz Engelhardt (Hrsg.), Verlagsgesellschaft Rudolf Müller, 2021