Teilhabeempfehlungen – Barrierefreiheit als Qualitätsstandard!

Mehr barrierefreie Wohnungen, höhere Mindeststandards, mehr Fördergelder für barrierefreien Umbau.
Am 10. Dezember 2019 hat der Bundesbehindertenbeauftragte Jürgen Dusel seine ersten, umfassenden Teilhabeempfehlungen an die Bundesregierung übergeben. Anlass ist das zehnjährige Jubiläum des Inkrafttretens der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland sowie der Internationalen Tag der Menschenrechte.  Die Teihabeempfehlungen zeigen Handlungsbedarf auf und fordern ausreichende Mittel zur Umsetzung von Barrierefreiheit.  Barrierefreiheit soll dabei Qualitätsstandard für modernes und nachhaltiges Bauen werden. Konkret geht es u.a. um diese Forderungen:

  • mehr barrierefreie Wohnungen:  strengere Vorgaben zur Anzahl von barrierefreien Wohnungen pro Gebäude in der Musterbauordnung bzw. den Landesbauordnungen, insbesondere auch rollstuhlgerechte Wohnungen (R-Standard)
  • mehr Förderung für barrierefreien Umbau: mindestens Verdopplung der Fördergelder im KfW-Bundesprogramm „Altersgerecht Umbauen“
  • Mindeststandards zur Barrierefreiheit: gesetzliche Vorgaben zur Barrierefreiheit von Arztpraxen sowie Förderprogramme für den barrierefreien Umbau v
  • keine Wohnraumförderung ohne Barrierefreiheit: Kopplung der sozialen Wohnraumforderung an das Kriterium der Barrierefreiheit
(Quelle/Foto: Cover der Teilhabempfehlung, Dirk Enters)

„In den vergangenen Jahren hat sich viel getan. Insbesondere der Blick auf Menschen mit Behinderungen hat sich verändert, vor allem aber auch das Selbstbewusstsein der Menschen, für ihre Rechte zu kämpfen. Wo viel Licht ist, gibt es aber auch Schatten und das trifft auf den Stand der Inklusion in Deutschland zu, “ so der Beauftragte. „Die Teilhabeempfehlungen sollen der Bundesregierung Hinweise geben, an welchen Stellen Handlungsbedarf besteht. Wichtig ist mir: Inklusion ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe – und damit ist sie auch eine gemeinsame Aufgabe aller Ressorts der Bundesregierung.“

Darüber hinaus fordert der Beauftragte, deutlich mehr in Barrierefreiheit zu investieren: „Das geplante Bundesprogramm für Barrierefreiheit muss mit ausreichend Mitteln ausgestattet werden. Inklusion ist kein Akt der Barmherzigkeit, sondern ein fundamentales Menschenrecht. Wenn wir über gleichwertige Lebensbedingungen sprechen, müssen Barrierefreiheit und Teilhabe für alle Menschen überall in Deutschland Richtschnur sein. Auch die Verpflichtung privater Anbieter zur Barrierefreiheit muss endlich ernsthaft angegangen werden,“ so der Beauftragte abschließend.

Die Empfehlungen umfassen die Themen Gesundheitliche Versorgung, Kinder und Jugendliche mit Behinderungen, Wohnen, Teilhabe am Arbeitsleben, Digitalisierung. Nachfolgend finden Sie die Auszüge zu Bauen und Wohnen :

Hier können Sie die kompletten Teilhabeempfehlung als PDF nachlesen >>

Wohnen – ein Menschenrecht

Menschen mit Behinderungen haben das Recht, selbstbestimmt über ihre Wohnsituation zu entscheiden. Barrierefreiheit muss deshalb Qualitätsstandard für modernes und nachhaltiges Bauen werden. Die Zusammenhänge zwischen Behinderung und Wohnungslosigkeit sind ein Thema, das
zukünftig wissenschaftlich erforscht werden muss. Nur so lassen sich passgenaue sozialpolitische Maßnahmen entwickeln.

Was muss getan werden?

  • Wohnraum ohne Barrieren: In die Musterbauordnung der Bauministerkonferenz sowie in die Landesbauordnungen müssen strengere Vorgaben zur Anzahl von barrierefreien Wohnungen pro Gebäude – insbesondere auch mit dem Rollstuhl vollständig nutzbare Wohnungen – aufgenommen werden. Die Bewilligung von Mitteln für die soziale Wohnraumförderung muss an das Kriterium der Barrierefreiheit geknüpft werden. Die Fördermittel für das KfW-Bundesprogramm „Altersgerecht Umbauen“ müssen mindestens verdoppelt werden. […]

Gesundheit – gute Versorgung für alle

Ein gutes Gesundheitssystem ermöglicht allen den Zugang zu medizinischen und therapeutischen Leistungen, die sie benötigen. Für viele Menschen mit Behinderungen gilt dies jedoch häufig nicht – sei es durch mangelnde Barrierefreiheit in ärztlichen Praxen, fehlende Assistenz im Krankenhaus oder zu wenige Medizinische Behandlungszenten für Menschen mit Behinderungen (MZEB).

Was muss getan werden?

  • Barrierefreie ärztliche Praxen: Private Anbieter von Produkten und Dienstleistungen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind – dazu zählen ärztliche Praxen – müssen mithilfe gesetzlicher Mindeststandards zur Barrierefreiheit verpflichtet werden. Für den barrierefreien Umbau braucht es entsprechende Förderprogramme […]

Quelle: Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen