Änderungen zur Barrierefreiheit kontrovers diskutiert: Am 25. Oktober 2016 fand die öffentliche Anhörung zur neuen BauO NRW im Düsseldorfer Landtag statt. Einige Punkte wurden kontrovers diskutiert, so dass sicherlich noch Änderungen am vorliegenden Gesetzentwurf zu erwarten sind. Im Vorfeld der Anhörung wurden 28 Stellungnahmen eingereicht, u.a. von der Architektenkammer NRW und der Ingenieurkammer-Bau NRW. 35 Sachverständige waren gekommen, um die Fragen des Ausschusses für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr zu beantworten und ihre Positionen vorzutragen.
Barrierefreie Wohnungen versus rollstuhlgerechte Wohnungen (R-Standard)
Rund um die pauschale, landeseinheitliche „R-Quote“ gab es zahlreiche Äußerungen und Bedenken. Nach § 48 Absatz 2 des Gesetzentwurfs zur neuen BauO NRW müssen in Gebäuden mit mehr als 3 oberirdischen Geschossen alle Wohnungen barrierefrei, aber nicht uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbar sein. In Gebäuden mit mehr als 6 Wohnungen muss eine, in Gebäuden mit mehr als 15 Wohnungen zwei uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbar sein.
Es sei nicht nachvollziehbar, worauf sich diese Mengenvorgaben stützen. In der Praxis seien rollstuhlgerechte Wohnungen nur schwer zu vermieten und stünden schon heute oft leer. Zudem sei der Bedarf an rollstuhlgerechten Wohnungen regional sehr unterschiedlich. Plädiert wurde für quartiersbezogene Lösungen. Angemerkt wurde auch, dass der R-Standard zwar den Bedürfnissen der Rollstuhlnutzer entspräche, andere Einschränkungen aber außer Acht lasse. Darüber hinaus würden viele Rollstuhlnutzer barrierefreie Wohnungen gegenübder dem R-Standard bevorzugen.
Mehrkosten durch barrierefreie Wohnungen
Auftragsstudien der AKNW und des VdW Rheinland erwarten Mehrkosten von +12 bis +22 %. Diese würden maßgeblich durch den hohen R-Standard verursacht. Ernst Uhing von der AKNW äußerte sinngemäß, die Barrierefreiheit an sich sei nicht das Problem, wohl aber R-Quote.
DIN 18040 als Technische Baubestimmung einführen
Um Barrierefreiheit eindeutig und klar zu definieren, fordert u.a. die AKNW die (teilweise) Einführung der DIN 18040 als Technische Baubestimmung. NRW ist das einzige Bundesland, in dem die DIN 18040 nicht bauaufsichtlich eingeführt ist.
Bauvorlagen zur Darstellung der Barrierefreiheit bei öffentlich zugänglichen Gebäuden
Dr. Heinrich Bökamp von der Ingenieurkammer-Bau NRW lobte ausdrücklich die in der Begründung zur neuen BauO NRW angekündigten technischen Bauvorlagen zur Darstellung der Barrierefreiheit (Barrierefrei-Plan/-Konzept) und deren Prüfung durch die Bauaufsichtsbehörden im Genehmigungsverfahren.
Auszug aus der Begründung zur BauO NRW: „… sollen die technischen Regeln für die Barrierefreiheit Eingang in Technische Baubestimmungen finden und damit zum Prüfgegenstand der Bauaufsichtsbehörden im Baugenehmigungsverfahren werden. Außerdem sollen spezielle Bauvorlagen geschaffen werden, die umfassende Pläne über die barrierefreie Ausgestaltung der Gebäude enthalten.“
Beteiligung der Behindertenbeauftragten
Nach § 74 Abs. 6 ist bei öffentlich zugänglichen Gebäuden dem zuständigen Behindertenbeauftragten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Diesbezüglich wurden Bedenken hinsichtlich der Qualifikation der oft ehrenamtlich tätigen und baufremden Behindertenbeauftragten geäußert. Die Behindertenbauftragten könnten daher eine bautechnische Verantwortlichkeit nicht wahrnehmen. Zudem sei durch die Beteiligung mit zeitlichen Verzögerungen zu rechnen. Diesbezüglich verweist die Ingenieurkammer-BAU in ihrer Stellungnahme ausdrücklich auf die Vorteile eines ausführlichen Barrierefrei-Konzepts.
Zur Gegenüberstellung der alten und neuen BauO NRW (Auszüge zum Thema Barrierefreiheit)
Autor: Tanja Buß