Das Landesbehindertengleichstellungsgesetz (LBGG) wurde erstmals 2002 in Schleswig-Holstein verabschiedet und nun umfassend überarbeitet. Es gilt seit März 2022. Das LBGG verpflichtet das Land, die Gemeinden, Kreise und Ämter sowie Träger öffentlich-rechtlicher Verwaltungsaufgaben „die Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen vollständig abzubauen und zu verhindern“ sowie „ihre vollständige, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten“.
Umfassende Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr
§ 8 fordert eine umfassende Barrierefreiheit:
- Neubauten und große Um- und Erweiterungsbauten müssen barrierefrei gestaltet sein. Ausnahmen können im Bestand bei unverhältnismäßigen Mehraufwand gestattet werden.
Tipp: Mehr zum Thema unverhältnismäßiger Mehraufwand erläutert RA Nick Kockler auf der 7. bfb-Fachtagung >> - Öffentliche Verwaltung sollen die Barrierefreiheit auch bei Anmietungen berücksichtigen.
- Neu: Sonstige bauliche oder andere Anlagen, öffentliche Wege, Plätze und Straßen sowie öffentlich zugängliche Verkehrsanlagen und Beförderungsmittel im öffentlichen Personennahverkehr sind nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsvorschriften des Bundes und des Landes barrierefrei zu gestalten.
Die Aufgaben der/des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen werden in § 24 ausführlich beschrieben. Demnach muss die Landesregierung den oder die Landesbeauftragte frühzeitig und umfassend an allen Gesetzes- und Verordnungsvorhaben beteiligen, die die Belange von Menschen mit Behinderungen betreffen. Darüber hinaus besteht das Recht auf Anhörung vor dem Landtag.
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Im Vergleich zur vorherigen Fassung des LBGG gibt es darüber hinaus noch folgende Änderungen:
- Verpflichtung der öffentlichen Verwaltungen im Rahmen des Benachteiligungsverbotes aktiv Maßnahmen zu ergreifen, um Menschen mit Behinderungen den Kontakt zu erleichtern
- Anrecht auf Begleitung für Menschen mit Behinderung durch eine selbstgewählte Person bei Treffen mit Trägern der öffentlichen Verwaltung
- Einrichtung einer Schlichtungsstelle zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten zwischen beiden Parteien
Änderungen auch im Selbstbestimmungsstärkungsstärkungsgesetz
Im Zuge der Überarbeitung des LBGG wurden auch Änderungen im Selbstbestimmungsgesetz zur Stärkung der Rechte von Menschen mit Behinderungen vorgenommen. Das Selbstbestimmungsstärkungsgesetz war ursprünglich bis Ende 2021 befristet, ist nun aber überarbeitet und um zwei Jahre verlängert worden. Die wichtigsten Neuerungen:
- Die Unterscheidung in ambulante, teilstationäre und vollstationäre Leistungen entfällt: Es gibt weiterhin gemeinschaftliche Wohnformen, in denen Menschen mit Behinderungen miteinander gekoppelte Leistungen in Anspruch nehmen können. Die Neuregelung soll Gesetzeslücken schließen und ein hohes Schutzniveau sichern.
- Gleichstellung der außerklinischen Intensivpflege mit stationären Einrichtungen aufgrund des hohen Schutzbedarfs der Bewohner.