Tür- und Torautomation im Smart Home

Öffentliche und gewerbliche Neubauprojekte kommen heute ab einer bestimmten Größenordnung und Qualitätsklasse kaum noch ohne Gebäudeautomation aus. Zum einen lassen sich moderne Heizungssysteme sowie ausgeklügelte Belüftungs-, Klimatisierungs- und Sonnenschutzsysteme kaum noch sinnvoll von Hand steuern. Zum anderen verlangen die gesteigerten Sicherheitsanforderungen Elemente wie Schließsysteme, Zutrittskontrollen oder Fluchtwegsicherungen, die von einer zentralen Gebäudeautomatik gesteuert und vom Gebäudemanager nur noch überwacht werden.

Bedienug eines Smart Home Systems
Spezielle technische Funktionen, wie hier das schlüssellose Schließen mittels Code oder Fingerprint, erhöhen den Komfort und die Sicherheit. Internet-basierte Steuerungen begeistern vor allem die junge Generation (Foto: Dormakaba)

Deutlich weniger komplex sind die Anforderungen in privaten Wohngebäuden, deutlich geringer ist dort auch das Bedürfnis nach einem zentralen Gebäudemanagement. Doch trotz einiger Vorbehalte sind einzelne Elemente der Gebäudeautomation schon heute in den Privatbereich vorgedrungen. Speziell bei Rollläden und Sonnenschutzsystemen sind die Vorteile witterungs- oder zeitgesteuerter Systeme für das Wohnklima und die Energieeffizienz so markant, dass sie im hochwertigen Wohnungsbau heute schon vielfach eingesetzt werden. Da auch private Heizungen bereits längere Zeit mit Temperaturfühlern und Zeitschaltungen arbeiten, ist bei der Gebäudeautomation im Sinne des Energiemanagements eine Annäherung zwischen privatem und öffentlich-gewerblichem Bauen festzustellen.

Beim zweiten Aspekt der Automation, der Bedienung und den Sicherheitsanforderungen an Tür und Tor, sieht das bisher noch etwas anders aus. Einbruchmelde- und Alarmanlagen überwachen zwar zunehmend Gebäude, motorisierte Schließsysteme oder sogar automatisch öffnende und schließende Türen, sind in privaten Ein- und Zweifamilienhäusern bisher aber eher die Ausnahme. Was aber nicht so bleiben muss, wie verschiedene Entwicklungen bereits heute andeuten.

Technikbegeisterung der Nutzer

Die Digital Natives, also die Generationen, die mit dem Internet von Anfang an aufgewachsen sind, kommen zunehmend in die Jahre, in denen sie selber Häuser bauen beziehungsweise gekaufte oder ererbte Häuser nach ihren Vorstellungen umbauen. Für sie ist die Digitalisierung nicht zusätzliche Aufgabe oder gar Last, sondern selbstverständlicher Teil des Lebens.

„Vor diesem Hintergrund ist ein verstärkter Einsatz automatisierter Tür- und Torlösungen auch im privaten Bereich zu erwarten“, erklärt Dirk Geigis, Referent Marketing und Kommunikation bei Somfy. Neben Antrieben und Steuerungen für Sonnenschutzsysteme sowie elektronischer Sicherheitstechnik bietet das Unternehmen auch Smart Home – Lösungen an, also übergreifende intelligente Steuerungen für verschiedene haustechnische Komponenten. „In Smart Home – Lösungen wie Connexoon oder Tahoma Premium lassen sich Türen und Tore problemlos einbinden. Mittlerweile ist auch Geofencing ein großes Thema, was man vereinfacht als die Steuerung nach der An- oder Abwesenheit der Bewohner beschreiben kann. Dann geht etwa beim Nachhausekommen automatisch das Garagentor auf, die Außenbeleuchtung schaltet sich an, die Haustür wird entriegelt und die Alarmanlage deaktiviert. Wichtig sind in jedem Fall die Möglichkeit des Fernzugriffs und die Einbindung in persönliche Anwenderszenarien.“

Auch André Hugendick, Produktmarketing-Manager Automatik bei Dorma Deutschland, betont die besondere Technikbeziehung der potenziellen Anwender im Privatbereich. „Nachgefragt werden vor allem kabellose Lösungen, für automatische Türöffnungen über Funksysteme oder Kombinationen aus automatischen Türlösungen mit elektronischen Sicherheitsschlössern. Am liebsten werden sie aus der Ferne über das Smartphone oder über Funkhandsender gesteuert. Technikbegeisterte Menschen kombinieren die Türen außerdem gerne mit Kameras, Alarmanlagen oder Videosprechanlagen. Biometrische Ansteuersysteme werden bei diesem Technologietrend ebenfalls eine wichtige Rolle einnehmen.“

Beratung mit Komfortgewinn

Es geht bei der Automatisierung von Türen oder Toren nicht allein um das elektrische Öffnen und Schließen, sondern auch um das motorisierte und gegebenenfalls berührungslose Schließen. „Mit solchen Systemen kann der Schlüsseldienst überflüssig werden“, beschreibt noch einmal Dirk Geigis einen der Vorteile. „Sollte ein Familienmitglied seinen Schlüssel vergessen haben, kann man ihm nach kurzem Check mit der Außenkamera mit der Smartphone-App auch bequem vom Büro aus die Haustür öffnen.“

Auf eine ganz andere Kundengruppe als die junge und mit dem Internet aufgewachsene Generation verweist André Hugendick. „Bessere Lebensbedingungen und Fortschritte in der Medizin führen zu einer weiter steigenden Lebenserwartung in der Bevölkerung. Insbesondere mit einem Anstieg von Menschen mit Einschränkungen ist zu rechnen. Der Anteil der über Sechzigjährigen von aktuell rund 23 Prozent wird auf etwa 37 Prozent im Jahre 2050 wachsen. Menschen möchten möglichst lange in den eigenen vier Wänden wohnen bleiben. Daher wird der Automatisierungsgrad auch privat eine immer wichtigere Rolle einnehmen. Aspekte wie Sicherheit, Komfort und Gesundheit erfordern zukünftig Systeme, die einfach zu installieren und zu bedienen sind. Plug-and-play-Lösungen, Smart Home – Anbindungen sind daher wesentliche Eigenschaften.“

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Jetzt schon Kompetenz aufbauen

Grundsätzlich eignen sich alle Türen im Privatbereich für eine Automatisierung. Bei Hof- und Garagentoren ist der elektrische Antrieb schon heute verbreitet. Künftig werden es vor allem Haus-, aber auch Kellertüren sein, die sich für die elektronische Steuerung und Überwachung anbieten. Aber selbst Innentüren zu Zimmern, dem Bad oder der Küche können perspektivisch in Frage kommen. Wer heute schon automatisierte Türen und Tore für den gewerblichen Bereich anbietet, kann sein Geschäftsfeld problemlos auf private Kunden ausdehnen. Auch wer bisher hauptsächlich im Wohnungsbau arbeitet, sollte den Aufbau von Kompetenzen für automatisierte Türen und Tore im Unternehmen prüfen. Gerade weil das private Marktsegment noch in den Anfängen steckt, bietet es Chancen für die Profilierung und Möglichkeiten für eine erhöhte Wertschöpfung.

Fazit: Verschiedene Kundengruppen berücksichtigen

Der Einsatz automatischer Türen im Privatsektor ist heute noch eher zurückhaltend, das wird sich in den nächsten Jahren ändern. Kundengruppen können einerseits die zumeist jungen Digital Natives sein, andererseits aber auch die wachsende Zahl der Seniorenhaushalte. Ausgangspunkt der Beratung werden weniger Bauart und Antrieb sein, sondern die Art ihrer Steuerung und die Programmierbarkeit individueller Szenarien.

Quelle:
M&T metallhandwerk ❘ 8.2016
Autor: Markus Hoeft