DIN 32989 – Barrierefreie Gestaltung – Taktile Karten

DIN 32989 Barrierefreie Gestaltung – Informationsgehalt, Gestaltung und Darstellungsmethoden von taktilen Karten (Quelle: DIN)

Egal ob beim Gang zum Amt, beim Stadtbummel in der City oder auf Reisen – zur Orientierung nutzen wir alle Sinne.  Doch wie orientieren sich Menschen, wenn nicht alle Sinne gleich gut ausgeprägt sind oder Einschränkungen bestehen?

Taktile Leit- und Orientierungskarten sind ein wesentliche Element, um blinden und sehbehinderten Menschen individuelle Mobilität und soziale Teilhabe zu ermöglichen. Taktile Karten, z.B. als Pultinstallation im öffentlichen Raum, vermitteln dabei die benötigten Lage- und Standortinformationen die für die Mobilität dieser Personengruppen. Konkrete Anforderungen und Gestaltungsvorgaben dazu liefert die neue, 30-seitige DIN 32989:2021-08 „Barrierefreie Gestaltung – Informationsgehalt, Gestaltung und Darstellungsmethoden von taktilen Karten“.
Hintergrund ist, dass taktile Pläne und Karten zwar in stetig wachsender Anzahl installiert werden, jedoch oft mit ungeeigneten oder irreführenden Informationen, die die Nutzer in der Praxis vor große Probleme stellen. Hier setzt die neue DIN 32989 an und liefert auf 30 Seiten grundlegende Spezifikationen und Beispiele. Ziel ist dabei eine möglichst einheitliche Symbolik, um die praktische Anwendung zu erleichtern.

Vorgaben für Informationsgehalt, Darstellungsmethoden, Gestaltung von taktilen Karten

Definition: Taktile (Leit- und Orientierungs-) Karten nach DIN 32989

„Informationstafeln oder -karten, die blinden oder sehbehinderten Menschen Standortinformationen im Innen- und Außenbereich von Gebäuden vermittelt, einschließlich der Karten für die allgemeine Öffentlichkeit, den öffentlichen Personennahverkehr und Parks, wahrnehmbar zum Beispiel durch erhöhte Linien und/oder erhöhte oder vertiefte Oberflächen, Tastmarken, Blindenschrift und/oder erhabener Profilschrift und/oder Großdruck“

Sinnvolle Reduktion der Infos je nach Einsatzzweck

Taktiler Plan mit rechtsseitiger Legende und zwei übereinander angeordneten Grundrissebenen (Quelle: Atlas barrierefrei bauen Kap. C12)

Ziel taktiler Karten ist es, blinden und sehbehinderten Menschen genau die Informationen zu vermitteln, die es ihnen ermöglichen, sich sicher und problemlos zu bewegen zurecht zu finden. Taktile Karten müssen daher auf die Informationen beschränkt sein, die mindestens erforderlich sind, um die örtliche Lage und/oder die Wegeführung zu erfassen.
Dabei hängt die Menge an Informationen vom Zweck der taktilen Karte ab, also z.B. ob die Karte der Anzeige einer Wegeführung dient oder ob sie eine Übersicht darstellen soll. Alle weiteren Informationen, die nicht dem vorgesehenen Zweck der taktilen Karte dienen, sind wegzulassen.

Die DIN 32989 definiert Mindestmaße für taktilen Darstellungen, die zuvor ausführlich erprobt wurden, damit sie für möglichst viele Menschen nutzbar sind. Gezeigt werden die Darstellungsmöglichkeiten anhand von zahlreichen Symbolbeispielen, die in unterschiedlichen Verfahren hergestellt werden können (z.B. 3D-Druck,  klassisches Thermoform-Tiefzieh-Verfahren mit Folien etc.).
DIN 32989 zeigt beispielweise wie der so wichtige, eigene Standort in Plänen dargestelt werden sollte, hinzu kommen Infos zur Darstellung von Maßstabsleiste, Nordrichtung sowie Treppen, Fahrtreppen mit Richtungsanzeige, Aufzügen, Türen mit verschiedenen Türblatt-Anordnungen. Für den Außenbereich werden Festlegungen für öffentlichen Personennahverkehr, Überquerungsstellen, Straßen, Gebäude, Wasser, Brücken, Brunnen und Parks gemacht.

Tipp:
Ausführliche und weiterführende Infos und Praxistipps zu taktilen Orientierungs- und Leitsysteme erhalten Sie im Kap 12.4  Atlas bfb barrierefrei bauen!


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Die neue Norm basiert auf ISO 19028:2016 und wurde für die Darstellungsweise und Lesegewohnheiten taktiler Karten im deutschen und Europäischen Raum modifiziert und überarbeitet. Die Norm umfasst dabei Karten für die allgemeine Öffentlichkeit, den öffentlichen Personennahverkehr und Parks sowie von der näheren Umgebung, einschließlich der Zugangswege. Physikalische, topografische, politische Landkarten sind nicht Gegenstand der Norm, da für sie andere Gestaltungs- und Darstellungsmerkmale gelten.

DIN 32989 – Inhaltsverzeichnis

1 Anwendungsbereich
2 Normative Verweisungen
3 Begriffe
4 Informationsgehalt von taktilen Karten
4.1 Aufbau
4.2 Allgemeines
5 Gestaltung von taktilen Karten
5.1 Maße
5.2 Standort von installierten taktilen Karten
5.3 Richtungsangaben
6 Darstellungsmethoden von taktilen Karten
6.1 Allgemeines
6.2 Überschrift
6.3 Beschreibung/Zusatzinformation
6.4 Legende
6.5 Aktueller Standort und zusätzliche Informationen zur Wegeführung
6.6 Taktile Darstellungen
6.6.1 Allgemeines
6.6.2 Formen und Erhabenheit
6.7 Tastmarken
6.7.1 Allgemeines
6.7.2 Zusätzliche Informationselemente
6.7.3 Formen und Erhabenheit
6.8 Blindenschrift und erhabene Profilschrift
6.9 Blindenschrift und Großdruck
6.10 Taktile Notfall- und Rettungswegepläne
7 Materialien für taktile Karten
Anhang A (informativ)  Beispiele für Tastmarken
Literaturhinweise

DIN 32989 ist hier beim Beuth-Verlag erhältlich >> 
Die Norm wurde vom Arbeitsausschuss NA 063-06-04 AA „Kommunikations- und Orientierungshilfen für Blinde und Sehbehinderte“ im DIN-Normenausschuss Medizin (NAMed) erarbeitet.