
bfb liefert einen Überblick zu den geplanten Änderungen der DIN 18040 „Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen – Teil 1: Öffentlich zugängliche Gebäude“.
Einsprüche bis 6. März 2023: Im DIN-Normentwurfsportal lässt sich der Volltext des Norm-Entwurfs einsehen und auch gleich online kommentieren. Zum DIN-Normentwurfsportal >>
Ausgewählte Änderungen im Überblick
- Anwendungsbereich: Die Norm soll für alle jene Bereiche gelten, „die für die Nutzung durch den allgemeinen Besucher- und Benutzerverkehr vorgesehen sind“ und präzisiert damit die Formulierung „Nutzung durch die Öffentlichkeiten“ der 2010er Fassung. In Abgrenzug wird klar gestellt, dass für Bereiche, die „ausschließlich von Beschäftigten genutzt werden“, (nur?) die Arbeitsstättenverordnung und die dazugehörigen ASR gelten.
- Neu ist der Hinweis auf Toleranzen – ein häufiger Streitpunkt: Die Norm legt Fertigmaße fest. Geforderte Mindest- bzw. Maximalmaße dürfen nicht unter- bzw. überschritten werden. Abweichungen sind nur tolerierbar, soweit die jeweils bezweckte Funktion gewährleistet ist.
- Neuerungen gibt es zur Höhe von Türdrückern. Diese müssen nicht mehr zwingend auf 85 cm Höhe angebracht werden. Stattdessen heißt es nun, dass generell Maße in einem Bereich von 85 – 105 cm vertretbar sind. Das war laut der 2010er-Fassung nur „im begründeten Einzelfall“ möglich.
- Die gleiche Spanne gilt nun auch für waagerechte Türgriffe. In barrierefreien Sanitärräume müssen horizontale Zuziehstangen jedoch 85 cm hoch sein.
- Deutlich konkretere Vorschriften gelten für die Position der Taster von Automatiktüren: Damit die einzelnen Taster bei mehreren hintereinanderliegen Türen leichter richtig zugeordnet werden können, wird häufig der Abstand zwischen Tür und Taster verringert. Wie viel Abstand mindestens zwischen den beiden Bauelementen gegeben sein muss, wird zukünftig in Öffnungsrichtung der Tür anhand einer Formel berechnet. In Schließrichtung ist ein Mindestabstand von 50 cm zur Tür Pflicht.
- Planungsgrundlage für Aufzüge ist laut Normentwurf die aktuelle DIN EN 81-70 von 2021. Neu ist, dass die Notruf-Kommunikation nach dem Zwei-Sinne-Prinzip erfolgen muss. Die Rückmeldung auf den Notruf muss dabei sowohl für blinde als auch hörbehinderte Menschen erfahrbar sein. Als mögliche Maßnahme gilt zum Beispiel ein Bildschirmsystem. Es sollten sowohl vertikale als auch horizontale (mit extragroßen Befehlsgebern) Tableaus vorhanden sein. Die vorgeschriebenen Bewegungs- und Warteflächen sowie Druchgangsbreiten vor Aufzügen veranschaulicht das neue Bild 7.
Weitere Infos zur aktuellen DIN 81-70 finden Sie hier. - Barrierefreie Treppenhandläufe dürfen zwischen 85 und 95 cm hoch sein, die 2010er Fassung forderte noch 85 – 90 cm.
- Flexiblere Regeln gibt es auch für Rampen. Wie bisher dürfen Rampen maximal 6 % Steigung haben, maximal 6 Metern lang sein, bei einer geforderten Mindestbreite von 1,20 m. Baut man jedoch breitere Rampen (mind. 1,50 m), dürfen sie bis zu 10 Meter lang sein.
- Mindestabstand zwischen Treppen und Rampen: Abwärtsführende Treppen dürfen nur in Ausnahmefällen in der Verlängerung von Rampen positioniert werden, wenn genügend Abstand gewährleistet ist: Zum unteren Ende der Rampe mind.10 m, zum oberenen Ende mind. 3 m.
- Brandschutz, Alarmierung und Evakuierung: Hier sind die Anforderungen deutliche differenzierter und weitergehender als bisher. So fordert der Entwurf beispielweise, dass eine barrierefreie, rechtzeitige Alarmierung und die schnelle Evakuierung von Gefahrenbereichen zu planen und umzusetzen ist. Menschen mit Behinderung, die in ihrer Selbstrettungsfähigkeit eingeschränkt sind, sind bei der Brandschutzplanung zu berücksichtigen und ihre Selbstrettung zu ermöglichen: Alarmierung im Zwei-Sinne-Prinzip, z.B. Blitzleuchten oder Vibrationsalarme, und barrierefreie Mobilitätsketten zu sicheren Orten im Freien oder zu relativ sicheren Orten im Gebäude, z. B. durch Türen in Flucht- und Rettungswegen, die auch in der Fluchtsituation barrierefrei nutzbar sind, niveaugleiche Verkehrswege, Sicherheitsaufzüge der Stufe B nach VDI 6017 oder Evakuierungsaufzüge, taktile Rettungs- und Fluchtwegepläne und/oder akustische Richtungssignale.
Nur wenn keine Selbstrettung ermöglicht werden kann, erlaubt der Normentwurf die Organisation einer „angemessenen assistierten Evakuierung“, z.B. durch den Betreiber oder externe Rettungskräfte (Fremdrettung). Beides ist in der Brandschutzplanung zu verankern.
Sind relativ sichere Orte als Zwischenaufenthalt vorgesehen, so müssen diese detailliert geplant, die nötigen organisatorischen Maßnahmen beschrieben und ggf. notwendige Helferzahlen festgelegt werden.
Hintergründe der Entwurfsfassung
Anlass für die Überarbeitung ist die europäische Barrierefrei-Norm DIN EN 17210 „Barrierefreiheit und Nutzbarkeit der gebauten Umwelt – Funktionale Anforderungen“ von August 2021. Deutsche Normen dürfen den europäischen Regeln nicht entgegenstehen, so dass die nationale Normenreihe DIN 18040 gerade überarbeitet und in Teilbereichen angepasst wird. Mehr dazu erfahren Sie hier >>
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Fokus auf Standardnutzer und selbstständige Nutzung
Die DIN 18040-1 nennt Schutzziele für öffentliche Gebäude und liefert dazu beispielhafte technische Lösungen und Anforderungen. Wie bisher liegt der Fokus der DIN 18040 dabei auf selbständigen „Standard-Nutzern“, also Personen, die bauliche Anlagen grundsätzlich ohne fremde personelle Hilfe nutzen können. Berücksichtigt werden dabei wie bisher die Bedarfe von Menschen mit motorischen und sensorischen Einschränkungen, insbesondere Menschen mit Rollstühlen oder Mobilitätshilfen, Menschen mit Blindheit, Sehbehinderungen und Hörbeeinträchtigungen. Nicht betrachtet werden weitergehende Anforderungen, die sich ergeben können aus der Notwendigkeit von Pflege oder Assistenz.
Schutzzielorientierung + spezielle Nutzergruppen + Inklusion

Der Normentwurf weist explizit darauf hin, dass bei Bauvorhaben und Einrichtungen für spezielle Nutzergruppen (kranke, alte Menschen oder Menschen mit Behinderung) oder besonders inklusionsorientierte Nutzungen (z.B. Sportanlagen), zusätzliche oder andere Anforderungen notwendig sein können. Wie bisher können die Schutzziele auch auf andere Weise erfüllt werden, als in der Norm beschrieben.
Neubau und sinngemäß für den Bestand
Der Teil 1 gilt für den Neubau (Planung, Ausführung, Ausstattung), sinngemäß auch für Umbauten und Modernisierungen. Der Teil gilt auch für die dazugehörigen Außenanlagen. Nur für Bereiche, die nicht im Teil 1 geregelt sind, wird auf Teil 3: Öffentlicher Verkehrs- und Freiraum verwiesen.
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Inhaltsübersicht E DIN 18040-1: 2023-02
- 1 Anwendungsbereich
- 2 Normative Verweisungen
- 3 Begriffe
- 4 Infrastruktur
- 5 Räume
- Literaturhinweise
Mehr zur neuen Normenreihe DIN 18040 und den Auswirkungen für das barrierefreie Bauen in Deutschland erfahren Sie auf der 8. Fachtagung bfb barrierefrei bauen am 5. September 2023 >>