Das „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ hat seine Ergebnisse vorgestellt. Herausgekommen sind 187 Maßnahmen, die von allen Beteiligten angestoßen und umgesetzt werden müssen. In vielen Aspekten – insbesondere zur Barrierefreiheit – sind allerdings die Bundesländer zuständig. Man darf also gespannt sein …
Ziel ist es 400.000 Wohnungen im Jahr zu schaffen und dabei Klimaschutz, Nachhaltigkeit sowie Barrierefreiheit mitzudenken.
Barrierefreiheit als Qualitätsstandard begreifen
„Es ist der gemeinsame Anspruch der Bündnis-Mitglieder, den Abbau von Barrieren zu einem Qualitätsstandard für ein fortschrittliches Land zu machen. Er entscheidet über die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichen Leben. Gleichzeitig wachsen in einer älterwerdenden Gesellschaft der Bedarf und die Nachfrage an barrierefreien und altersgerechten Wohnungen, von dem aber auch weitere Bevölkerungsgruppen wie Familien mit Kindern profitieren. Auch generationenübergreifendes gemeinschaftliches Leben ist am besten ohne Barrieren möglich.“
Die Beschlüsse zum barrierefreien Bauen im Überblick:
- Bestandsförderung – Barrierefreiheit muss fester Bestandteil eines ganzheitlichen Förderkonzeptes der öffentlichen Hand sein. Daher sollen bedarfsgerechte und besser aufeinander abgestimmte Bundes- und Länder-Förderprogramme den Abbau von Barrieren im Bestand unterstützen. Das betrifft auch das KfW-Förderprogramm „altergerecht umbauen“ und die entsprechenden Länderprogramme.
- Neubau-Investitionen in einheitliche Standards – Im Rahmen der Sozialen Wohnraumförderung sollen die Länder einen besonderen Fokus auf bedarfsgerechten, barrierefreien Wohnraum legen. Dazu wird ein einheitlicher Barrierefrei-Standard definiert. Die auf dieser Basis geförderten, neuen barrierefreien Wohnungen sollen erfasst werden.
- Der Bund wird ein neues „Bundesprogramm Barrierefreiheit“ mit Fokus auf Mobilität, Wohnen, Gesundheit und Digitalisierung initiieren und den barrierefreien Aus- und Umbau seiner öffentlichen Gebäude verstärkt voran treiben.
Darüber hinaus wurden Maßnahmen verabredet, die 2023/24 weiter im „Bündnis bezahlbarer
Wohnraum“ bearbeitet werden:
- Definition eines (Barrierefrei-) Mindeststandards für den Neubau: Ziel ist es, neue Wohnungen zukünftig bei Bedarf schnell und barrierefrei umrüsten zu können und gleichzeitig Baukostensteigerungen zu vermeiden.
- Reform der Muster- und Landesbauordnungen im Hinblick auf barrierefreie Wohnungen, auch hinsichtlich rollstuhlgerechter Wohnungen (R-Quoten) sowie Aufzüge
- Differenzierung der Förderung je nach Standard: gesetzlicher Barrierefrei-Mindeststandard, übergesetzlicher Standard, R-Standard
Der Bundesbehindertenbeauftragte Jürgen Dusel sieht damit zwar ein gutes Fundament, fordert aber mehr Barrierefreiheit auch im frei finanzierten Bereich: „Wir alle sind uns einig, dass wir nicht nur bezahlbaren Wohnraum brauchen, sondern dass wir nachhaltig bauen müssen. Nachhaltigkeit hat aber nicht nur eine ökologische, sondern auch eine soziale Dimension. Wir haben in Deutschland einen erheblichen Mangel an barrierefreien Wohnungen. Wenn wir in den nächsten Jahren 100.000 öffentlich geförderte Wohnungen bauen, dann wäre es fatal, diese Wohnungen nicht barrierefrei zu bauen. Deswegen bin ich froh, dass wir uns im Bündnis darauf verständigt haben, bei der sozialen Wohnraumförderung die Investitionen in das Bauen ohne Barrieren in den Fokus zu nehmen…
Grundsätzlich sollte unser Ziel aber auch sein, im freifinanzierten Bereich mehr barrierefrei zu bauen. Daher meine Botschaft an die Immobilienwirtschaft: Das Bauen ohne Barrieren ist lukrativ. Wohnungen ohne Stufen und Stolperfallen, mit ausreichend Bewegungsfläche und viel Licht sind ein Gewinn für alle – und nur marginal teurer. Barrierefreiheit hat das Potenzial, ein Qualitätsstandard für modernes Bauen zu werden. Und gerade vor dem Hintergrund einer immer älter werdenden Gesellschaft ist es unsinnig, Wohnungen mit Barrieren zu bauen.“
Die Zusammenarbeit im Bündnis wird bis Ende 2025 fortgeführt. Der Behindertenbeauftragte wird den Prozess in beratender Funktion weiterhin konstruktiv begleiten.
„Bündnis bezahlbarer Wohnraum – Maßnahmen für eine Bau-, Investitions- und Innovationsoffensive“
PDF-Download unter www.bmwsb.bund.de
Bündnis bezahlbarer Wohnraum
Maßnahmen für eine Bau-, Investitions- und Innovationsoffensive
vom 12. Oktober 2022 (Auszüge zum Thema barrierefreies Bauen)
Unterthema III: „Förderung von bezahlbarem und barrierefreiem Wohnraum“
Barrierefreiheit ist nicht nur ein Qualitätsstandard für ein fortschrittliches Land, sondern auch
Garant für ein selbstbestimmtes Leben von Millionen von Menschen in Deutschland. Von einem
Wohn- und Lebensumfeld ohne Barrieren profitieren nicht nur ältere und mobilitätseingeschränkte Menschen, sondern alle Bevölkerungsgruppen.
Angesichts einer älter werdenden Gesellschaft und des damit wachsenden Bedarfs nach einem
barrierefreien Wohn- und Lebensumfeld ist das Thema Barrierefreiheit zentral und muss bei
allen Baumaßnahmen verstärkt berücksichtigt werden.
Die Länder bekennen sich zum Ziel des barrierefreien Bauens. Daher haben alle Länder die DIN 18040-2 mit entsprechenden Besonderheiten in den jeweiligen Ländern als Technische Baubestimmung bekanntgemacht. Darüber hinaus unterstützen die Länder das Ziel, barrierefreie
Wohnungen nachfrage- und bedarfsgerecht zu erstellen. Hierfür können auch Mittel der
Sozialen Wohnraumförderung länderspezifisch eingesetzt werden.
Die Bündnis-Mitglieder vereinbaren, folgende Maßnahmen umzusetzen:
- Maßnahme 5.17 Bedarfsgerechte Förderung, um den altersgerechten Umbau von Wohnungen, die Barrierefreiheit und den Abbau von Barrieren in Wohngebäuden besonders zu unterstützen, verbunden mit der besseren Abstimmung von Bundes- und Landesförderprogrammen. (umzusetzen durch Bund/Länder, in dieser Legislaturperiode)
- Maßnahme 5.18 – Entwicklung und Umsetzung eines Bundesprogramms Barrierefreiheit, um die Barrierefreiheit in allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens, vor allem aber bei der Mobilität, beim Wohnen, in der Gesundheit und im digitalen Bereich zu stärken. (umzusetzen durch Bund, in dieser Legislaturperiode)
- Maßnahme 5.19 – Besonderer Fokus auf die Förderung von Investitionen in den bedarfsgerechten barrierefreien bezahlbaren Wohnraum im Rahmen der Sozialen Wohnraumförderung und auf der Grundlage einer einheitlichen abzustimmenden Definition jährliche Dokumentation der geförderten barrierefreien Wohnungen. (umzusetzen durch die Länder, 2023ff)
- Maßnahme 5.20 – Verstärkter Aus- und Umbau der öffentlichen Gebäude des Bundes, um den Zugang barrierefrei zu gestalten. (umzusetzen durch den Bund, fortlaufend)
Die Bündnis-Mitglieder vereinbaren, die folgenden Maßnahmen weiter im „Bündnis bezahlbarer
Wohnraum“ zu bearbeiten:
- Maßnahme 5.21 – Prüfung einer Definition eines Mindeststandards für den Neubau unter Vermeidung von Baukostensteigerungen, insbesondere Bewegungsflächen, Türbreiten, Schwellen und technische Anlagen, sodass neu gebaute Wohnungen im Bedarfsfall schnell und barrierefrei umgerüstet werden können. (Weitere Bearbeitung durch Bund/Länder/Bündnis-Mitglieder, bis 2023/2024)
- Maßnahme 5.22 – Prüfung einer Reform der Musterbauordnung sowie der Landesbauordnungen für den Bau von barrierefreien Wohnungen z. B. hinsichtlich der Anzahl der barrierefreien und mit dem Rollstuhl nutzbaren Wohnungen pro Gebäude oder Einbau eines Fahrstuhls.
(Weitere Bearbeitung durch die Länder, bis 2023/2024) - Maßnahme 5.23 – Prüfung einer Stärkung der Förderung von bezahlbaren barrierefreien Wohnungen in der Sozialen Wohnraumförderung z. B. durch eine mögliche Koppelung der geförderten Investitionen an
rechtlichen Vorgaben der bedarfsgerechten Barrierefreiheit (z. B. der DIN 18040-2 und einer bedarfsgerechten Anzahl barrierefrei mit dem Rollstuhl nutzbaren Wohnungen) oder stärkere
Anreize durch höhere Fördersätze für die Realisierung von übergesetzlichen Standards der Barrierefreiheit. (Weitere Bearbeitung durch die Länder, bis 2023/2024)
„Bündnis bezahlbarer Wohnraum – Maßnahmen für eine Bau-, Investitions- und Innovationsoffensive“
PDF-Download unterwww.bmwsb.bund.de