Barrierefreies komfortables Mehrfamilienholzhaus

Grundriss mit Raumaufteilung im EG
Grundriss mit Raumaufteilung im EG (Quelle: RMN Architekten, Andreas Niekamp)

Der Bedarf an komfortablem Wohnraum ist hoch, auch auf dem Land. Viele Menschen denken schon frühzeitig darüber nach, wie sie lange selbstbestimmt in ihren eigenen vier Wänden wohnen können. Eine große Erleichterung kann ein Aufzug im Haus bedeuten, ebenso große Türen und Eingangsbereiche sowie schwellenlose Übergänge. Große Balkone zur Verbindung von Wohnung und Freiraum nach draußen sind gefragt. Lichtdurchflutete Räume mit angenehm aufgeteilten, großen Fensterflächen. Privatsphäre auch im Mehrfamilienhaus wird immer wichtiger. Die Menschen lieben den Kontakt und die Möglichkeit zur Kommunikation, schätzen aber gleichzeitig die Privatsphäre und Ruhe in den eigenen Räumlichkeiten. Diese und ähnliche Vorüberlegungen haben Herrn Architekt Niekamp sowie das Holzbauunternehmen Heggemann bei der Planung des Mehrfamilien-Holzhauses in Gesmold beschäftigt. Herrn Niekamp ist hier ein sehr harmonischer, pragmatischer und gleichzeitig attraktiver, in die Topografie und das Umfeld eingebetteter Entwurf gelungen. Mit Unterstützung des Holzbaufachwissens von Herrn Brinkmann, Zimmerei Heggemann, wurde daraus ein hochwertiger Holzbau, mit hohem Schallschutz, bestem Hitze- und Kälteschutz sowie einer räumlich und gestalterischen Variante, die alle oben genannten Wünsche und Vorstellungen verbindet und berücksichtigt. Das Ergebnis, alle Wohnungen sind schnell verkauft und die Eigentümer zufrieden mit der Investitionsentscheidung.

Barrierefreiheit – durch gute Planung fast ohne Mehrkosten machbar

Die Umsetzung barrierefreien Wohnraums erfordert nicht zwingend Mehrkosten beim Bauen. Wichtig ist die Planung und das Wissen über Anforderungen und Bedürfnisse von Menschen, die auch mit Handicap ihr Leben selbstbestimmt und eigenständig meistern. Verschiedene bauliche Aspekte spielen hier eine große Rolle. Z.B. Eingänge ohne Treppen unter Einbeziehung der Gartengestaltung, ein Lift vom Parkhaus bis ins Obergeschoss, ausreichend große Türen, schwere Eingangstüren selbstöffnend über elektrische Schalter, stufenfreie Ein- und Ausgänge zu Wohnungen, Balkonen und Terrassen, etc. Auch die „Wenderäume“ spielen für den Rollstuhlfahrer im Alltag eine große Rolle. All diese Themen wurden von Architekt Niekamp in der Planung eingearbeitet und vom Holzbaubetrieb Heggemann schon im Rohbau mit vorgedacht. Z.B. für die quasi stufenlosen Übergänge auf die Balkone waren die Betondecken etwas abzusenken. “Kein Problem sofern alles vorab besprochen und organisiert ist”, sagt der Bauleiter, Herr Brinkmann. Die Sanitäreinrichtungen haben die späteren Bewohner nach ihren individuellen Bedürfnissen zum Ende der Bauphase selbst ausgewählt. Gemeinsam ein starkes Team, dies trifft hier zu und zieht sogar die örtlichen Behörden mit ein. Denn bei diesem Objekt wurden frühzeitig Vertreter von Bauamt, Statik und Brandschutz mit ins Boot genommen und von der komplexen und durchdachten Planungsvariante überzeugt.

Mehrgeschossiger Holzbau als Eigentumswohneinheiten

Mehrfamilien-Holzhausneubau, barrierefreies Wohnen in zentraler Lage (
Mehrfamilien-Holzhausneubau, barrierefreies Wohnen in zentraler Lage (Quelle: Zimmerei Heggemann, Melle)

Das Grundstück bot genug Spielraum in der Breite, so dass für die 9 Wohnungen ein Gebäude geringer Höhe realisierbar war. Trotzdem ist ein Gebäude dieser Größe eine Herausforderung für den Holzbau. Insbesondere die Anforderungen an den Schallschutz bei Mehrfamilien-Häusern ist recht hoch. Daher entschied sich der Bauherr für eine Mischkonstruktion: Holzrahmenkonstruktion mit Zwischendecken aus Beton und betoniertem Kellergeschoss inklusive Auto-Stellplätzen. Auch das schallempfindliche Treppenhaus ist als Stahlbetonkern mit zweiseitiger Verglasung ausgeführt. Es verbindet die zwei t-förmig zueinander stehenden Gebäudeteile miteinander.

Holz als Tragkonstruktion

Entstehung des Holzhaus-Rohbaus mit Thermowall Wärmedämmverbundsystem an der Fassade
Entstehung des Holzhaus-Rohbaus mit Thermowall Wärmedämmverbundsystem an der Fassade (Quelle: Zimmerei Heggemann, Melle)

Die Holzrahmenkonstruktion konnte gut in der Werkshalle der Zimmerei vorgefertigt werden. Pro Stockwerk brauchten die Fachleute einen Tag vor Ort zum Aufrichten. Dann wurde jeweils die Betonzwischendecke auf die im Holzbau vorbereiteten Randschalungen gelegt und durch Ortbeton mit der Tragkonstruktion verbunden. Je Fertigdecke waren 4 Tage vorgesehen. Durch die genaue Vorbereitung des Holzbaus, jeweils Oberkante Rohdecke inklusive bereits außen angebrachtes Holzfaser-Wärmedämmverbundsystem, konnte im Massivbau eigentlich nichts mehr schiefgehen. Die Abstimmung passte perfekt. „Der Zeitgewinn durch den trockenen, vorgefertigten Holzbau machte sich hier enorm positiv bemerkbar“, so Projektleiter Dipl. Holzbauingenieur Hendrik Brinkmann. Die Zimmerei arbeitet gerne und oft mit dem Dämmstoff aus Holzfasern, einerseits wegen der guten bauphysikalischen Eigenschaften, aber auch hinsichtlich der Möglichkeiten der passgenauen Plattenmontage in der Vorfertigung.

Betondecken im Holzbau Schallschutz im Mehrfamilienhaus

Die Holzbauer hätten normalerweise lieber alles in Holz gemacht, aber die Schallschutzqualität, insbesondere bei Eigentumswohnungen, war allen sehr wichtig. Die massiven Decken dienen der Privatsphäre der Bewohner, so dass möglichst keiner sich durch laute Musik, Gesprächs- oder Kinderlärm in den anderen Wohnungen belästigt fühlt. Ganz vermeiden lässt sich dies nie, aber zumindest weitgehend reduzieren. So ist diese Konstruktion für Architekt Andreas Niekamp „eine sehr schöne Fusion…“ Auch über die Wände sollte möglichst wenig Lärm ins Hausinnere gelangen. Hier schützen 60 mm starke Holzfaserdämmplatten die Holzständerkonstruktion und leisten hier einen hervorragenden Schall-, Hitze- und Kälteschutz. Die Fassade wird abschließend weiß verputzt mit roten Teilflächen zur Akzentuierung der Bauweise. Das anthrazit eingedeckte steile Satteldach gibt hierzu einen angenehmen Kontrast. Auch in der Dachhaut kamen Holzfaserdämmplatten zum Einsatz. Die Aufdachdämmung schützt die Dachhaut bei Regen und Wind und leistet auch einen sehr guten Widerstand bei Hagel.

Modern, komfortabel und mit Blick auf Erleichterungen im Alltag – den Zeitgeist getroffen

Skizze Gesamtansicht von oben
Skizze Gesamtansicht von oben (Quelle: RMN Architekten, Andreas Niekamp)

Aus Erfahrung und auch durch die Analyse der eigenen Bedürfnisse hat das Bauteam hier genau den Zeitgeist getroffen. Im Grunde könnte eine ähnliches Gebäude in Gesmold gut nochmal gebraucht werden. Der Architekt hat hier durch geschickte Nutzung der vorhandenen Topografie den Keller und die Tiefgaragen mit Zugang von der tieferliegenden Rückseite praktisch gelegt. Der Vordereingang ist ebenerdig, barrierefrei und mit Zugang vom Lift auch aus der Parkebene heraus. Gartennutzung und Freiraum durch großzügige Terrassen an jeder Wohnung schaffen die Verbindung zum grünen Umfeld. Die Verwendung naturnaher Baustoffe und das Leben im Holzhaus bieten zusätzlichen Wohnkomfort und Behaglichkeit im Inneren. Freiraum auch beim Zugang von Bad und Räumen mit 1 m breiten Türen gewährleisten auch bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen höchstmögliche Flexibilität in der Nutzung.

Eckdaten: Mehrfamilien-Holzhausneubau in Melle-Gesmold, hochwertige, energieeffiziente Eigentumswohnungen, KfW 55

Die Planungsdaten wurden in einer frühen Phase beim Bauamt vorstellt. Die Details in Sachen Brandschutz, Schallschutz, Holzbau-Beton-Kombination und geringem Energieverbrauch überzeugte die Ansprechpartner aus Gemeinde und Landkreis sowie der statischen Prüfstelle. Auch die technische Durchführbarkeit sahen alle durch das hochkarätige Team aus Architekt, Zimmerei und Statiker als gewährleistet an.

Gebäudeklasse 3 NBauO (§2(3) 
Wohngebäude geringer Höhe
Bauweise Holzrahmenbau mit Stahlbeton-Decken und WDVS
Dach Satteldach mit Holzfaser-Unterdeckplatten, 45° Dachneigung, Flachdach über Hauseingang
Fassade diffusionsoffenes GUTEX Thermowall WDVS verputzt, Gestaltung in rot-weiß
Treppenhaus Stahlbetonkern mit zweiseitiger Verglasung
Aufzug vom Untergeschoss bis ins Dachgeschoss
Fußböden Linoleum, Teppich und Fliesen
Wohnungen ursprünglich 9 Wohneinheiten, eine zusammengelegt, daher 8 Eigentümer
Raumkonzept
2 bis 3 Zimmer-Wohnungen, offener Küchen-Wohnbereich, barrierefreie Bäder, überdachte Balkone bzw. überdachte Terrassen
Größe WE zwischen 66 und 116 m² zu jeder Wohnung gehört ein Kellerraum sowie ein Auto-Stellplatz im Untergeschoss
Lage im Zentrum von Melle-Gesmold, nahe Bushaltestelle, Supermarkt gegenüber, unweit Autobahnanbindung A30

EnEV Berechnung:

Jahres-Primärenergiebedarf Qp  32,4 kWh(m2a)
Transmissionswärmeverlust H´T 0,25 W/(m2K)
Endenergiebedarf des Gebäudes 24,7 kWh/(m2a)
Gebäudevolumen Ve 3.274,00 m²
Gebäudehüllfläche A 1.712,50 m² 1.712,50 m²
bebaute Fläche 1.568,41 qm
Nettogrundfläche 1.285,00 qm
Umbauter Raum 4.318,80 cbm
Gebäudenutzfläche AN 1.048,00 m²
Außenwandfläche 875,30 m²
Fensterfläche, 3-fach verglast,
bodentierfe Fensterelemente mit elektrischen Aussenraffstores
251,00 m² (22,3%)
Solarthermische Anlage, in Kombination mit Gasheizung sowie Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung

Quelle: GUTEX