10 Jahre UN-Behindertenrechtskonvention

Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung immer noch nicht der Normalfall

Am 26. März 2009 trat die UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland in Kraft. Vieles wurde seitdem auf den Weg gebracht, um Menschen mit Behinderungen ein selbstbestimmtes Leben und gleichberechtigte Teilhabe zu ermöglichen. Doch auch 2019 ist Deutschland noch keine inklusive Gesellschaft. Zu diesem Schluss kommt ein heute veröffentlichter Bericht des Deutschen Instituts für Menschenrechte, der die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in neun Bereichen, etwa Bildung, Wohnen, Arbeiten oder Mobilität, in den Blick nimmt.

Laut Monitoring-Stelle der UN-BRK: Auch wenn Erwachsene seit 1992 nicht mehr entmündigt werden können, ermöglicht die derzeit geltende Rechtslage eine ersetzende Entscheidung gegen den Willen der betreuten Person. Die Gesetzeslage ermöglicht eine ersetzende Entscheidung gegen den Willen der betreuten Person. (Quelle: Leidmedien.de)
Laut der Monitoring-Stelle UN-BRK: Heute werden mehr Menschen mit Behinderungen in Einrichtungen betreut als vor 10 Jahren. Es fehlt insbesondere an bezahlbarem barrierefreiem Wohnraum, an personenzentrierten Unterstützungsangeboten und an inklusiven Sozialräumen mit allgemein zugänglichen Dienstleistungen. (Quelle: Leidmedien.de)

„Dass Menschen mit Behinderungen das Recht haben, selbst über ihr Leben zu bestimmen und gleichberechtigter Teil der Gesellschaft zu sein, ist in den letzten zehn Jahren zunehmend ins gesellschaftliche Bewusstsein gerückt“, sagt Valentin Aichele, Leiter der Monitoring-Stelle UN-Behindertenrechtskonvention des Deutschen Instituts für Menschenrechte. Zahlreiche Menschen aus Politik und Verwaltung, aus Verbänden und verschiedenen Professionen hätten sich engagiert an die Umsetzung der UN-Konvention gemacht. „Es ist in den letzten zehn Jahren allerdings nicht gelungen, das Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderungen zum Normalfall und Sondereinrichtungen wie Förderschulen, Werkstätten und Wohneinrichtungen für Menschen mit Behinderungen überflüssig zu machen“, so Aichele weiter. Dennoch zeigten gute Beispiele, dass es bisweilen beträchtliche Fortschritte gebe und dass Inklusion praktisch möglich sei.

Laut der Monitoring-Stelle der UN-BRK: Barrierefreiheit im ÖPNV ist im Bewusstsein der Gesellschaft angekommen und erste Maßnahmen wurden getroffen. Zugänglichkeit wird nicht nur von Menschen mit Behinderungen als positiv erkannt, sondern auch von Familien mit Kinderwagen, Fahrradfahrer_innen, Reisendenden mit Gepäck und alten Menschen mit Rollatoren. […] Die Entwicklungen der rechtlichen Rahmenbedingungen laufen jedoch sehr schleppend. (Quelle: Leidmedien.de)
Laut Monitoring-Stelle der UN-BRK: Der Koalitionsvertrag von 2018 sieht vor, dass geprüft werden soll, wie Private, die Dienstleistungen für die Allgemeinheit erbringen, angemessene Vorkehrungen umsetzen können. (Quelle: Leidmedien.de)

„Zentrale Aufgabe der nächsten Jahre ist es, die strukturell angelegte Ausgrenzung von Menschen mit Behinderungen abzubauen. Erst wenn jeder Mensch von Anfang an und unabhängig von Art und Schwere einer Beeinträchtigung gleichberechtigt an der Gesellschaft teilhaben kann, ist Inklusion erreicht“, so Aichele weiter. Inklusion komme nicht nur den Menschen mit Behinderungen, sondern allen zugute, sie sei Ausdruck der Wertschätzung menschlicher Vielfalt.

Laut Statistischem Bundesamt sind in Deutschland rund 9,4 Prozent der Bevölkerung, also 7,8 Millionen Menschen, amtlich als schwerbehindert anerkannt. Zu den Menschen mit Behinderungen zählen nach der UN-Konventionauch Personen mit langfristigen chronischen Erkrankungen, psychosozialen oder anderen Beeinträchtigungen, deren Teilhabechancen aufgrund gesellschaftlicher Barrieren reduziert sind. Legt man diesen Behinderungsbegriff zugrunde, erhöht sich der Anteil an Menschen mit Behinderungen an der Gesamtbevölkerung nach Angaben des ersten Teilhabeberichts der Bundesregierung auf bis zu 25 Prozent.

Quelle: Insitut für Menschenrechte